Ist die Erstellung eines Gutachtens immer erforderlich, wenn das Gericht darüber entscheiden soll, ob eine Betreuung eingerichtet werden soll?

Nein. Die Erstellung eines Gutachtens ist dann nicht zwingend durchzuführen, wenn für das Gericht hinreichend Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass bei der betreffenden Person kein Bedarf für die Einrichtung einer Betreuung oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes besteht und dementsprechend eine Betreuung oder ein Einwilligungsvorbehalt nicht angeordnet wird. In einem solchen Fall besteht für das Gericht kein Anlass, das Verfahren weiter zu betreiben und die Einholung eines Sachverständigengutachtens wäre überflüssig. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen hat. Die Beurteilung und Entscheidung des Gerichts muss auf der Basis einer ausreichenden Sachaufklärung erfolgt sein. Maßgeblich für die Sachaufklärung ist in der Regel unter anderem der Eindruck, den der Betroffene im Rahmen der Anhörung hinterläßt. Ist er beispielsweise orientiert und klar, kann er das Für und Wider einer evtl. Betreuerbestellung gegeneinander abwägen, kann er seine eigene Lebenssituation differenziert einschätzen, usw.?
Der BGH hat hierzu mit Beschluss v. 18.03.2015, AZ: XII ZB 370/14 entschieden:

§ 280 Abs. 1 FamFG verpflichtet das Gericht nur dann zur Einholung eines Sachverständigengutachtens, wenn das Verfahren mit einer Betreuerbestellung oder der Andordnung eines Einwilligungsvorbehalts endet. Wird davon abgesehen, ist die Einholung eines Gutachtens nach § 280 Abs. 1 S. 1 FamFG nicht zwingend erforderlich.

Das Gericht hat vor der Anordnung der Gutachtenerstattung zu prüfen, ob hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Betreuungsbedarf besteht oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in Betracht zu ziehen ist.

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