Der Begriff „persönliche Betreuung“ ist missverständlich

Unklar ist vielen Menschen, was eigentlich unter  dem Begriff „persönliche Betreuung“ zu verstehen ist. Vor allem für den Laien ist er ungenau und mehrdeutig, er wird zwar als zentraler Leitfaden für das Betreuungsrecht angesehen, umso unverständlicher ist daher, dass er nicht genau definiert wurde.
Die persönliche Betreuung hat nicht zum Inhalt, dass der Betreuer den Betreuten beispielsweise selbst pflegt oder hauswirtschaftlich praktisch Hilfe leistet.

Der Betreuer muss nur veranlassen, dass der Betreute, wenn notwendig, häusliche Pflege und Versorgung, evtl. stationäre Hilfen etc. bekommt, er hat somit die individuell anfallenden Aufgaben zu delegieren. Aus § 1901 Abs. 3 BGB ergibt sich zwar, dass neben der Ermittlung der Wünsche des Betreuten auch ein persönliches Vertrauensverhältnis zu schaffen ist. Dies wird als Ausprägung des Grundsatzes der persönlichen Betreuung angesehen. Jedoch wird auch dadurch keine generelle Pflicht begründet, sich mit dem Betreuten persönlich zu besprechen. Diese Pflicht betrifft nur wichtige Angelegenheiten, in denen der Betreuer dann zu entscheiden hat. Was eine „wichtige Angelegenheit“ ist, orientiert sich am Einzelfall, also an den individuellen Gegebenheiten der Person des Betreuten und dessen Lebensumständen.
Mit persönlicher Betreuung ist allgemein lediglich gemeint, dass der Betreuer den Betroffenen in bestimmten Zeitabständen besucht oder der Betreute in das Büro des Betreuers kommt, um sich zu besprechen. Je nach Ausgestaltung des Falles kann unter Umständen auch telefonischer Kontakt ausreichen, was unserer Meinung nach aber oft kritisch zu betrachten ist. Denn der Betreuer ist sehr wohl dazu verpflichtet, sich ein Bild davon zu machen, welche Wünsche und Vorstellungen der Betreute hat. Anders kann er seine Verpflichtung, zum Wohl des Betreuten zu handeln, überhaupt nicht wahrnehmen. Es gibt in der Praxis aber viele Fälle, in denen sich die Betreuten von den Betreuern allein gelassen fühlen. Dies deshalb, weil es überhaupt keinen persönlichen Kontakt gibt und die Betreuten nur dann etwas von ihrem Betreuer mitbekommen, wenn dieser Entscheidungen getroffen hat, deren Folgen dann unmittelbar zu spüren sind.

Sinn und Zweck dieser eher laxen Handhabung des persönlichen Kontakts ist – grundsätzlich verständlicherweise – den Betreuer nicht zu überfordern und einem ansonsten erheblichen Anstieg des Aufwands für den Betreuer und der daraus entstehenden Kosten entgegenzutreten. Dieses Problem darf aber nicht auf den Rücken der ohnehin besonders geschwächten und deshalb besonders schutzwürdigen Betreuten abgewälzt werden. Es handelt sich um eine der Schwachstellen des deutschen Betreuungsrechts insgesamt und der fehlenden – wie von uns auch schon an anderer Stelle thematisierten – Ausbildung der Betreuer im Allgemeinen. Ein insgesamt unbefriedigender Zustand, der leider oft dazu führt, dass z. B. in Pflegeheimen untergebrachte Betreute lediglich „verwaltet“ werden. Nicht anders kann es ja dazu kommen, dass Betreute ohne sonstige Kontakte sogar nach ihrem Tod unbemerkt noch als „Akte“ betreuungsrechtlich bearbeitet werden. Obwohl es manchmal sehr einfach wäre, durch ein kurzes Gespräch (bescheidene) Bedürfnisse der Betreuten zu erkennen und diese zu erfüllen um ihnen das Leben etwas leichter zu machen.
Es besteht die Möglichkeit, in Fällen, in denen der persönliche Kontakt zwischen Betreuer und Betreutem für den Betroffenen unbefriedigend ist, den Betreuer zu entlassen.
Susanne Kilisch
Wiss. Mitarbeiterin

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