Was ist Betreuungsrecht?

Das Betreuungsrecht gehört zum Rechtsgebiet Familienrecht. Es wird dann aktuell, wenn eine Person nicht mehr in Lage ist, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Diese Situation kann nicht nur durch eine Krankheit eintreten, sondern zum Beispiel auch durch einen Unfall infolgedessen der Betroffene ganz oder zeitweise handlungsunfähig wird. Das Gesetz bestimmt in § 1901 Abs. BGB, dass die rechtliche Betreuung alle erforderlichen Tätigkeiten erfasst, die notwendig sind, die Angelegenheiten des Betroffenen zu regeln.
Wenn der Fall eintritt, dass für eine Person eine Betreuung eingerichtet wird, bedeutet dies aber nicht, dass automatisch alle denkbaren Lebensbereiche unter die Betreuungseinrichtung fallen. Denn das Betreuungsrecht wird vom Grundsatz der Erforderlichkeit bestimmt. Das heißt, dass nicht nur allgemein geprüft wird, ob eine Betreuung grundsätzlich eingerichtet werden muss, sondern es muss in jedem Einzelfall festgestellt werden, in welchen verschiedenen Lebensbereichen konkret Betreuungsbedürftigkeit besteht. Die Betreuung wird also im Idealfall für den Betroffenen nur für die Lebensbereiche eingerichtet, die für ihn geregelt werden müssen, weil er dazu nicht mehr in Lage, also betreuungsbedürftig ist.
Diese unterschiedlichen Lebensbereiche werden innerhalb des Betreuungsrechts als Aufgabenkreise bezeichnet. Der Inhalt dieser Aufgabenkreise, der vom Betreuungsrichter in dem Betreuungsbeschluss näher ausgeführt wird, begründet in der Folge auch die entsprechenden Betreuerpflichten.
Im Alltag wird das Wort „Betreuung“ oft falsch verstanden. Viele Menschen gehen davon aus, dass es sich bei Betreuung um eine praktische, persönliche Hilfestellung handelt die zum Inhalt hat, dass der Betreuer den Betroffenen pflegt oder ihm Hilfe im Haushalt leistet. Dieser Irrtum führt teilweise dazu, dass Betroffene der „Betreuung“ zustimmen ohne zu wissen, auf was genau sie sich einlassen.

Denn das Wesen der rechtlichen Betreuung besteht tatsächlich eben nicht darin, dem Betroffenen soziale Dienste zukommen zu lassen, sondern darin, dass dem Betreuer innerhalb seiner vom Gericht zugewiesenen Aufgabenkreise die Rechtsmacht eingeräumt wird, den Betroffenen nach außen zu vertreten und seine Angelegenheiten zu regeln. Der Betreuer ist der durch Gerichtsbeschluss eingesetzte gesetzliche Vertreter des Betreuten. Er muss bei Bedarf veranlassen, dass für den Betreuten beispielsweise eine Pflegeperson engagiert wird, dass er mit Nahrungsmitteln versorgt wird usw. Er delegiert die entsprechend notwendigen Aufgaben, führt sie aber nicht selbst aus.
Eine wichtige gesetzliche Bestimmung im Betreuungsrecht ist, dass der Betreuer dafür zu sorgen hat, dass zwischen ihm und dem Betreuten ein persönliches Vertrauensverhältnis geschaffen wird. Die persönliche Betreuung ist einer der Grundsätze des Betreuungsrechts. Aber auch dies wird von den Betroffenen oft missverstanden. Es wurde im Gesetz keine grundsätzliche Pflicht für den Betreuer verankert, sich mit dem Betroffenen umfangreich auseinanderzusetzen oder diesen ständig zu besuchen. Nur bezüglich wichtiger Angelegenheiten besteht eine dahingehende Pflicht für den Betreuer. Was genau unter einer „wichtigen Angelegenheit“ zu verstehen ist, kann nicht generell bestimmt werden. Die Entscheidung darüber orientiert sich am Einzelfall, also an den persönlichen Interessen und der individuellen Lebenslage des Betreuten.
Die persönliche Betreuung beinhaltet im Allgemeinen nur, dass der Betreute vom Betreuer in bestimmten Zeitabständen besucht wird oder Treffen im Büro des Betreuers stattfinden. Je nach dem kann es sogar ausreichen, dass der Betreuer telefonischen Kontakt zu dem Betreuten hält. Dies ist allerdings kritisch zu betrachten. Denn der Betreuer ist sehr wohl dazu verpflichtet, sich ein Bild davon zu machen, welche individuellen Wünsche und Vorstellungen zum Leben des Betreuten gehören. Anders ist es zweifelhaft, wie er seine Verpflichtung, zum Wohl des Betreuten zu handeln, überhaupt wahrnehmen soll. Leider gibt es in der Praxis eine Vielzahl von Fällen, in denen sich die Betreuten von den Betreuern allein gelassen fühlen. Oft gibt es überhaupt keinen persönlichen Kontakt. Die Betroffenen bekommen von ihrem Betreuer oft nur dann etwas mit, wenn dieser die Entscheidungen schon getroffen hat, deren Folgen dann unmittelbar zu spüren sind.
Diese oberflächliche Handhabung des persönlichen Kontakts findet ihren Sinn und Zweck in dem Umstand, die Betreuer mit den einzelnen Fällen nicht zu überlasten und gipfelt darin, dass manche Betroffenen (gerade die in Heimen untergebrachten) lediglich verwaltet werden. Des Weiteren würde ein erheblicher Anstieg der Betreuungskosten zu verzeichnen sein, wenn die Betreuer den Betreuten mehr Zeit widmen würden.  Dies ist in unserem gegenwärtigen Betreuungssystem so nicht vorgesehen und bietet reichlich Anlass für Kritik. Sowohl was die gesetzliche Ausgestaltung des Betreuungsrechts im Allgemeinen, als auch die fehlende Ausbildung und das fehlende Berufsbild des Betreuers angeht ist hier Verbesserungsbedarf angesagt. Die Frage muss erlaubt sein, wie es dazu kommen kann, dass Betreute ohne sonstige soziale Kontakte sogar nach ihrem Tod unbemerkt noch als „Akte“ bei den Gerichten und Betreuern bearbeitet werden, obwohl des manchmal sehr einfach wäre, durch ein kurzes Gespräch (bescheidene) Bedürfnisse der Betreuten zu erkennen und diese zu erfüllen, um ihnen das Leben etwas leichter zu machen.

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