Ambulante Pflegekräfte können von Pflegebedürftigen als Erben eingesetzt werden

Das Verbot der Erbeinsetzung, wie es für das Verhältnis zwischen Heimbewohnern und Heimangestellten in § 14 Heimgesetz geregelt ist, ist nicht entsprechend übertragbar auf Angestellte eines ambulanten Pflegedienstes, die den Erblasser in seinem eigenen Haus gepflegt haben und von ihm in seinem Testament als Erben eingesetzt wurden (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.02.01, 3 Wx 350/00 und 366/00).

Nach § 14 Abs. 5 Heimgesetz ist es dem Leiter, den Mitarbeitern oder sonstigen Beschäftigten eines Heimes untersagt, sich von oder zugunsten von Bewohnern neben der vom Träger erbrachten Vergütung Geld- oder geldwerte Leistungen versprechen oder gewähren zu lassen, soweit es sich nicht um geringwertige Leistungen handelt. Damit wurde vom Gesetzgeber eine Regelung geschaffen, die es dem Heimbewohner verbietet, Angestellte eines Heimes zu Erben einzusetzen. Essoll verhindert werden, dass über die Gewährung von finanziellen Zusatzleistungen oder Versprechen derselben, eine unterschiedliche, privilegierende oder benachteiligende Behandlung von Heimbewohnern geschaffen und der Heimfriede dadurch gestört wird. Außerdem soll nicht zugelassen werden, dass die Hilf- und Arglosigkeit alter und pflegebedürftiger Menschen in finanzieller Hinsichtausgenutzt werden kann. Darüber hinaus geht es um den Schutz der Testierfreiheit der Heimbewohner (vgl. BT Ducks 7/180, S 12, 15).

In der Praxis treten zu diesem Thema immer häufiger Fälle auf, in denen es um die Frage geht, ob dieses Verbot aus § 14 Heimgesetz auch auf Pflegepersonal anzuwenden ist, das eine hilfsbedürftige Person zu Hause pflegt.  Denn die Gefahr, dass dann durch finanzielle Zusatzleistungen oder Erbeinsetzungen der Heimfriede gestört wird, besteht in solchen Fällen dann ja nicht. Problematisch  ist bei der häuslichen Pflege jedoch ebenfalls, dass, je nach dem in welchem Zustand sich die pflegebedürftige Person befindet, deren Hilf- und Arglosigkeit genauso in bedenklicher Art und Weise ausgenutzt werden kann wie in einer Heimunterbringung. Auch die Situation der häuslichen Pflege kann in ein Abhängigkeitsverhältnis oder eine psychische Zwangslage gegenüber dem Pflegepersonal münden. Gerade ältere und kranke Menschen sind aufgrund oftmals fehlender anderer sozialer Kontakte leicht beeinflussbar und auf das besondere Näheverhältnis zum Pflegepersonal (vermeintlich) angewiesen. Wenn die Pflegekraft die einzige Bezugsperson darstellt, die der Betroffene hat, besteht die Möglichkeit, diesen Menschen nach außen abzuschotten und auch den Kontakt mit Angehörigen zu unterbinden.

Aber die Umstände einer psychischen Zwangslage oder eines Abhängigkeitsverhältnisses sind bei der Pflege zu Hause – vor allem nach dem Tod des Erblassers – oft schwer nachzuweisen. Denn gerade bei wirtschaftlich unabhängigen Pflegebedürftigen wird das Vorliegen einer besonderen Abhängigkeit oft verneint, da ein solches Abhängigkeitsverhältnis nicht mit dem eines Heimbewohners vergleichbar sei. Hier wird argumentiert, dass es sicheher um ein Arbeitsverhältnis, vergleichbar mit Hausangestellten handelt, die bei Unzufriedenheit gekündigt werden und neue Pflegekräfte eingestellt werden können. Auch wenn ständige Pflege erforderlich sei,  hätte der Pflegebedürftige trotzdem die Möglichkeit, andere Personen damit zu beauftragen. Dies vor allem dann, wenn noch andere Hausangestellte zur Verfügung stünden, die sich überbrückungsweise auch um den Hilfsbedürftigen kümmern könnten.

Damit bleibt den Angehörigen oft nur die Möglichkeit, eine letztwillige Verfügung des Erblassers, die er nicht aufgrund einer freien Willensentscheidung, sondern im Rahmen eines Abhängigkeitsverhältnisses oder in einer wie auch immer im Einzelfall gearteten Zwangslage zugunsten seiner ambulanten Pflegekräfte verfasst hat, vom Gericht überprüfen zu lassen. In Betracht kommen dabei die Feststellung der Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung wegen Geschäftsunfähigkeit, wegen einem eventuellen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten oder aufgrund einer erbrechtlichen Anfechtung,  was in der Praxis in der Regel aber mit erheblichen Beweisproblemen behaftet ist.  Denn erschwerend kommt in meisten Fällen dazu, dass die Angehörigen von einem Testament, in welchem nicht sie, sondern fremde Dritte zu Erben eingesetzt sind, erst nach dem Tod des Erblassers erfahren.

Themen
Alle Themen anzeigen