Zur Kontrollbetreuung: Im Mittelpunkt steht allein der Schutz des Betroffenen

Die Beschwerde einer betroffenen Person gegen die Einrichtung einer Kontrollbetreuung wurde von dem Landgericht Lübeck mit Beschluss vom 08.01.2023, AZ: 7 T 232/23 zurückgewiesen. Das Gericht stellte fest, dass die Voraussetzungen für eine Kontrollbetreuung vorlagen, insbesondere die betroffene Person aufgrund ihres Krankheitszustandes ihre Rechte gegenüber dem Bevollmächtigten nicht mehr ausüben konnte und konkrete Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Vollmacht nicht im Sinne des Betroffenen ausgeübt wurde.

 

Darüber hinaus beschäftigt sich diese Entscheidung mit dem Verhältnis von § 1820 Abs. 3 zu § 1820 Abs. 5 BGB und stellt fest, dass § 1820 Abs. 5 BGB einen Wunsch-Wohl-Konflikt für den Widerruf einer Vorsorgevollmacht behandelt, der ebenfalls die Einrichtung einer Kontrollbetreuung rechtfertigen kann. Demnach besteht Kontrollbedarf über § 1820 Abs. 3 BGB hinaus auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 1820 Abs. 5 BGB vorliegen.

Nach § 1815 Abs. 3, § 1820 Abs. 3 BGB bestellt das Betreuungsgericht einen Kontrollbetreuer, wenn die Bestellung erforderlich ist, weil

  1. Der Vollmachtgeber aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage ist, seine Rechte gegenüber dem Bevollmächtigten auszuüben, und
  2. aufgrund konkreter Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass der Bevollmächtigte die Angelegenheiten des Vollmachtgebers nicht entsprechend der Vereinbarung oder dem erklärten Willen des Vollmachtgebers besorgt.

Damit sind in § 1820 BGB nach der Betreuungsreform erstmals die Voraussetzungen der Kontrollbetreuung gesetzlich geregelt. Die Voraussetzungen wurden vor der Betreuungsrechtsreform von der Rechtsprechung entwickelt. Einer der zentralen Punkte der Betreuungsrechtsreform, der Wegfall des „objektiven Wohls“, dafür die Ausrichtung der Betreuertätigkeit am „subjektiven Wohl“ der betreuten Person, stärkt das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen. Dieser Grundgedanke ist auch dem neuen § 1820 Abs. 3 BGB zu entnehmen.

Da die Einrichtung einer Kontrollbetreuung einen massiven Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Person darstellt, genügt der bloße Verdacht eines Vollmachtsmissbrauchs nicht. Insbesondere müssen keine amtsgerichtlichen Ermittlungen „ins Blaue hinein“ stattfinden, nur weil ein Verdacht auf Vollmachtsmissbrauch vorliegt. Notwendig ist der konkrete, durch hinreichende Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird.

Themen
Alle Themen anzeigen