Kann eine betreuungsgerichtliche Anhörung ohne vorheriges Gutachten stattfinden?

Grundsätzlich ja, und zwar dann, wenn das Gericht aufgrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse Grund zur Annahme haben darf, dass eine Betreuung nicht eingerichtet wird. Eine Betreuung muss dann eingerichtet werden, wenn sie erforderlich ist.  Erforderlich ist die Einrichtung einer Betreuung nur dann, wenn Betreuungsbedürftigkeit und Betreuungsbedarf vorliegen und keine anderen Hilfen zur Verfügung stehen. Wenn das Gericht der Ansicht ist, dass die Entscheidung im Betreuungsverfahren lauten wird, dass eine Betreuung nicht eingerichtet wird, kann ein Beschluss, mit dem die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet wird, sogar unverhältnismäßig und damit rechtswidrig sein. Beispielhaft für diese Konstellation kann die missbräuchliche Anregung einer Betreuung durch Dritte sein.

Eine Anhörung ohne vorheriges Gutachten kommt auch dann in Betracht, wenn es sich um die Einrichtung einer vorläufigen Betreuung im Wege der einstweiligen Anordnung handelt. Vor allem in Fällen einer zwangsweisen Unterbringung besteht diese Möglichkeit. Der Schutz des Betroffenen aufgrund einer erheblichen Gesundheits- oder Lebensgefahr steht in diesen Fällen an erster Stelle. Die Anhörung der betroffenen Person muss dann unverzüglich stattfinden, ein Gutachten liegt dann regelmäßig aber noch nicht vor. Nach Erstellung und Bekanntgabe des Gutachtens an den Betroffenen muss eine erneute Anhörung durchgeführt werden.

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