Hausverbot für Angehörige im Pflegeheim?

Diese Problematik ist vielen Angehörigen und betreuten Personen in Zusammenhang mit Betreuungsverfahren bekannt.

Hierzu der Beschluss BVerG über die Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde bzgl. eines Hausverbots durch die Pflegeeinrichtung und Umgangsverbots der betreuten Person mit den Angehörigen durch die Betreuerin vom 25.01.2023, AZ: BvR 2255/22:

Folgende Problemstellung ist äußerst praxisrelevant:

Wenn von der Pflegeeinrichtung ein Hausverbot für Dritte erteilt wird und unter Verweis auf dieses Hausverbot zusätzlich von der gesetzlichen Betreuerin ein Umgangsverbot mit der betreuten Person ausgesprochen wird, so müssen im Hinblick auf diese beiden Verbote unterschiedliche Rechtswege beschritten werden:

Die Rechtmäßigkeit des ausgesprochenen Umgangsverbots durch die Betreuerin muss durch das Betreuungsgericht überprüft werden. Diese Prüfung beinhaltet die Beantwortung der Frage, ob die Betreuerin durch die ihr übertragenen Aufgabenbereiche grundsätzlich dazu berechtigt ist, Umgangsregelungen überhaupt zu treffen. Im weiteren Schritt muss überprüft werden, ob die konkrete Umgangsregelung rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang muss das Betreuungsgericht den Wahrheitsgehalt der Vorwürfe, die evtl. zu einem Umgangsverbot führen könnten, überprüfen.

Sollte im Zuge dessen nicht auch die Klärung des durch die Pflegeeinrichtung ausgesprochenen Hausverbots herbeigeführt werden können, muss die Rechtmäßigkeit des Hausverbots sodann durch ein Zivilgericht – nicht durch das Betreuungsgericht – überprüft werden.

Erst dann, wenn diese beiden fachgerichtlichen Wege beschritten wurden, ist nach Abschluss der jeweiligen Verfahren die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde zulässig.

Hintergrund der o. g. Entscheidung des BVerG waren geltend gemachte Pflegemängel durch eine Angehörige einerseits und geltend gemachte Verstöße gegen Infektionsschutzbestimmungen durch die Pflegeeinrichtung gegen die Angehörige andererseits.

Die Problematik in diesen Fällen besteht grundsätzlich in der Gefahr zirkelschlussartiger Entscheidungen durch Betreuungsgerichte (Rechtmäßigkeit Umgangsregelung durch Betreuer) und Zivilgerichte (Hausverbot durch Pflegeeinrichtung), die jeweils aufeinander bezogen sind.

Folgende Konstellation ist hier denkbar:

  • Das Zivilgericht trifft keine Entscheidung, da es sich auf den Standpunkt stellt, dass Pflegeheime nur Besuche von Dritten zu dulden haben, wenn diese Besuche von dem Betreuer „gestattet“ sind. Ob die Betreuerin aufgrund der übertragenen Aufgabenkreise zur Umgangsregelung überhaupt berechtigt ist, klärt das Zivilgericht nicht auf, da das Betreuungsgericht dafür zuständig ist.
  • Das Betreuungsgericht hingegen verweist darauf, dass es keine Weisung an die Pflegeeinrichtung erteilen könne. Das Betreuungsgericht kann sich hier (zunächst) auf den Standpunkt stellen, die allein maßgebliche Frage sei das durch die Pflegeeinrichtung ausgesprochene Hausverbot. Darüber kann das Betreuungsgericht nicht entscheiden.

Der Gesetzgeber und die Rechtsprechung sind sich dieser (jedenfalls vorübergehenden) „Pattsituation“ bewusst. Verwiesen wird jeweils darauf, dass bei korrekter Vorgehensweise der beiden Fachgerichte eine Rechtschutzlosstellung der Beteiligten letztlich ausgeschlossen wird. Äußerst problematisch dabei ist selbstverständlich der Zeitaufwand, der bis zur endgültigen gerichtlichen Entscheidung anfällt. Zeit, die jedenfalls für die betroffenen betreuten Personen – vor allem im Hinblick auf ihre konkrete Krankheitssituation – oft sinnlos ungenutzt und ohne Kontakt zu Angehörigen verstreicht.

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