Einrichtung einer Betreuung gegen den Willen der betroffenen Person: Die Unfähigkeit, einen freien Willen zu bilden muss positiv und widerspruchsfrei festgestellt werden

Gegen den freien Willen der betroffenen Person darf ein Betreuer nicht bestellt werden.

Wie wird die Frage, ob die betroffene Person noch über die Fähigkeit der freien Willensbildung verfügt oder nicht, beantwortet und welche Feststellungen hat das Gericht dazu zu treffen?

Zunächst ist klarzustellen, dass die Unfähigkeit der betroffenen Person, einen freien Willen zu bilden, durch das Betreuungsgericht positiv und ohne Widersprüche festgestellt werden muss. Dies ist nur möglich durch ein medizinisches Sachverständigengutachten. Die Bezugnahme des Gerichts auf den Inhalt eines Sachverständigengutachtens, welches hierzu lediglich Verdachtsdiagnosen enthält, genügt nicht.

Das Sachverständigengutachten muss konkrete Anhaltspunkte dafür enthalten, dass die betroffene Person zur freien Willensbildung im Hinblick auf die Einrichtung einer Betreuung nicht in der Lage ist. Mit diesen konkreten Anhaltspunkten hat sich das Betreuungsgericht auseinanderzusetzen. Die tatrichterlichen Feststellungen hierzu müssen in der Begründung des Betreuungsbeschlusses enthalten sein. Formulierungen wie die Willensbildung sei „krankheitsbedingt beeinträchtigt“ oder „nicht unbeeinträchtigt“ genügen nicht. Denn damit ist nicht widerspruchsfrei festgestellt, dass die betroffene Person zu einer freien Willensbildung nicht mehr in der Lage ist.

In Anbetracht des erheblichen Eingriffs in das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Person, mit dem die Einrichtung einer Betreuung immer einhergeht, sind diese strengen Maßstäbe folgerichtig.

  1. dazu BGH, Beschluss v. 11.01.2023, AZ: XII ZB 277/22
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