Anspruch eines  Betroffenen auf Einrichtung einer Betreuung wegen Desorientierung, Analphabetismus, Suchterkrankung und Obdachlosigkeit?

Nein, nicht unbedingt. Erforderlich für die Einrichtung einer Betreuung ist neben einer Krankheit oder Behinderung i. S. d. § 1814 BGB das Vorliegen von Betreuungsbedarf und Betreuungsbedürftigkeit. Das Landgericht Duisburg hat mit Beschluss vom 08.02.2023, AZ: 12 T 11/23 bereits das Vorliegen eines Betreuungsbedarfs für einen suchtkranken, desorientierten, wohnungslosen und von Analphabetismus Betroffenen abgelehnt, da für ihn andere Hilfen i. S. d. § 1814 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BGB zur Verfügung stehen.

Das Gericht führte aus, dass es insbesondere nicht die Aufgabe eines gesetzlichen Betreuers ist, den Betroffenen im Alltag zu begleiten und darauf zu achten, dass sich der Betroffene auch auf ihm bekannten Strecken nicht verirrt, indem er an falschen Haltestellen aussteige und deshalb nicht dort ankommt, wo er ankommen möchte. Es handelt sich hier um ein Problem der Alltagsbewältigung, zu dessen Lösung die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung nicht geeignet ist.

Auch die Tatsache, dass der Betroffene immer wieder obdachlos ist und nicht dazu in der Lage ist, Schriftstücke inhaltlich adäquat zu bearbeiten und auszuführen, begründet nach Ansicht des Gerichts für sich genommen keinen Betreuungsbedarf.

Denn entscheidend war in diesem Fall, dass der Betroffene in einer Übergangswohnung der Wohnungslosenhilfe untergekommen ist und von dort aus Unterstützung zu einem Einzug in eine betreute Wohnunterkunft erfolgt. Durch betreute Wohnunterkünfte werden auch Hilfen für Behördengänge und der Alltagsbewältigung angeboten. Dies stellt sog. „andere Hilfen“ dar, die vor der Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung in Anspruch zu nehmen sind. In dem konkret entschiedenen Fall wurden diese „anderen Hilfen“ als ausreichende Unterstützung für den Betroffenen angesehen.

Das Gericht lehnte damit schon den für die Einrichtung einer Betreuung erforderlichen objektiven Betreuungsbedarf ab. Zur Prüfung der Frage, ob für den Betroffenen subjektive Betreuungsbedürftigkeit vorliegt, kam das Gericht damit nicht mehr. Denn allein die Verneinung von objektivem Betreuungsbedarf verhindert schon die Einrichtung einer Betreuung. Deshalb ist die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens durch das Betreuungsgericht unterblieben.

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