Betreuerbestellung im ausschließlichen Drittinteresse

Möglichkeit der Wohnungskündigung gegenüber geschäftsunfähigen Mieter/Vermieter

Problem:  Der Vermieter möchte das Mietverhältnis kündigen. Der Mieter ist geschäftsunfähig, steht aber nicht unter Betreuung. Gegenüber wem muss die Willenserklärung, also die Kündigung, abgegeben werden?  Natürlich ist auch genau der umgekehrte Fall denkbar, wenn also der Vermieter geschäftsunfähig ist, aber nicht unter Betreuung steht und der Mieter das Mietverhältnis kündigen möchte.

Nach § 131 BGB  wird eine Willenserklärung (die Kündigung), die gegenüber einem Geschäftsunfähigen abgegeben wird nicht wirksam, bevor sie dem gesetzlichen Vertreter zugeht.

Da für den Geschäftsunfähigen Vermieter/Mieter (noch) kein Betreuer mit dem Aufgabenkreis Wohnungsangelegenheiten bzw. Mietverhältnis bestellt wurde gibt es aber keinen gesetzlichen Vertreter, an den der Vermieter/Mieter seine Kündigung wirksam zustellen könnte. Damit befindet er sich in einem Dilemma. Für die Lösung solcher Fälle gibt es die Möglichkeit der Bestellung eines Betreuers im ausschließlichen Drittinteresse nach § 1896 BGB.

Die Rechtsprechung erkennt in Ausnahmefällen an, dass „ein Betreuer auch im ausschließlichen Interesse eines Dritten bestellt werden darf, wenn es um die Geltendmachung von Rechten gegen den Betroffenen geht und der Dritte daran ohne die Bestellung eines Betreuers wegen Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen gehindert wäre.“, BayOLG, FamRZ 1996, 1369. (Zur Klarstellung kann daraus andererseits natürlich nicht gefolgert werden, dass eine Betreuung im Drittinteresse z. B. nur deshalb angeordnet werden kann, weil ein Geschäftsunfähiger seine Rechnungen nicht bezahlt.)

Dieses Vorgehen ist deshalb problematisch, weil nach dem Gesetz klare Voraussetzung für eine Betreuung ist, dass der Betroffene „seine“ Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann und die Besorgung muss auch zum „Wohl des Betroffenen“  erforderlich sein.Es ist anerkannt, dass auch ein Betreuer im Drittinteresse bei seiner Arbeit ausschließlich auf das Wohl des Betreuten achten muss. Natürlich darf das Interesse des Dritten dabei nicht übergangen werden. Es darf aber auch nicht so verstanden werden, dass der Betreuer als Sachwalter des Dritten angesehen wird. Der Betreuer muss  ausgleichend wirken.

Mit Hilfe desErforderlichkeitsgrundsatzeswerden die Voraussetzungen umrissen:

          Der Betroffene muss (partiell) geschäftsunfähig sein. Dieser Punkt ist praxisrelevant, da zu dieser Feststellung Gutachten eingeholt werden müssen.

           Des Weiteren muss die Bestellung eines Betreuers für den Dritten die einzige Möglichkeit sein, seine Rechte gegenüber dem Betroffenen zu verfolgen.

           Die Betreuung ist dann nicht erforderlich, wenn das behauptete Recht des Dritten offensichtlich nicht besteht.

Damit Kündigungen oder auch Abmahnungen gegenüber geschäftsunfähigen Vermietern/Mietern wirksam zugestellt werden können, ist es also möglich unter o. g. Voraussetzungen im Interesse des Vermieters/Mieters eine Betreuung einzurichten, die dann auch ggf. eine Räumungsklage ermöglicht.Beschleunigt werden kann das Verfahren u. U. durch einstweilige Anordnung.

Der Vermieter/Mieter hat kein Antragsrecht, kann aber bei Gericht den entsprechenden Sachverhalt darstellen und die Einleitung eines Betreuungsverfahrens anregen.

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