Auch wenn die Redlichkeit eines Vorsorgebevollmächtigten außer Zweifel steht, kann der Fall eintreten, dass trotz wirksam erteilter Vorsorgevollmacht ein gerichtlicher Betreuer bestellt wird. Der Grund dafür kann darin liegen, dass der Vorsorgebevollmächtigte durch störendes Verhalten eines Dritten objektiv nicht (mehr) in der Lage ist, die Vorsorgevollmacht wirkungsvoll und zum Wohle des Betroffenen auszuüben und damit – unverschuldet – aus der Vorsorgevollmacht herausgedrängt wird.
In einem vom BGH zu entscheidenden Fall (BGH, Beschl. v. 07.08.2013, AZ XII ZB 671/12) ging es darum, dass eine Mutter ihre Tochter zur Vorsorgebevollmächtigten bestellt hatte. Diese (weit entfernt wohnende) Tochter hat die Versorgung der pflegebedürftigen Mutter zu Hause über Jahre hinweg mit Hilfe von Pflegediensten und Nachbarn gut organisiert. Bis die andere Tochter zu der Mutter ins Haus zog und eigenmächtig die Versorgung der Mutter selbst mehr schlecht als recht übernahm. Sie warf mit ihrem störenden Verhalten die gesamte sorgfältig ausgearbeitete Organisation der Verpflegung und Versorgung der Mutter über den Haufen. Der bevollmächtigten Tochter war es nicht möglich, dahingehend auf ihre Schwester einzuwirken, dass wieder eine zufriedenstellende Versorgung der Mutter sichergestellt werden konnte. Das Gericht nahm dies zum Anlass, die bevollmächtigte Tochter als ungeeignet anzusehen, die Angelegenheiten der Mutter zu besorgen und damit die Vorsorgevollmacht auszuüben. In einem solchen Fall steht die Vorsorgevollmacht der Einleitung eines Betreuungsverfahrens nicht entgegen.
Denn ein Betreuungsverfahren wird trotz Vorsorgevollmacht immer dann eingeleitet, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründen (Senatsbeschl. v. 07.03.2012, AZ: XII ZB 538/11).
Susanne Kilisch
Wiss. Mitarbeiterin