Verfahrenspfleger – selbständiger Beteiligter im Betreuungsverfahren

Der Verfahrenspfleger ist neben dem Betroffenen selbständiger Beteiligter des Verfahrens und damit auch (anders als der Betreuer) nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen. Er hat primär die Verfahrensgarantien (wichtig hier vor allem: Anspruch auf rechtliches Gehör) für den Betroffenen durchzusetzen und den Willen des Betroffenen zu ermitteln und im Verfahren entsprechend einzubringen. Der Verfahrenspfleger muss Kontakt zu dem Betroffenen aufnehmen, eventuell auch zu dessen Angehörigen. Wünschenswert und sinnvoll ist es, wenn der Verfahrenspfleger vom Betroffenen als „Unterstützer“ anerkannt wird. Es sollte im Idealfall durch den Kontakt mit dem Betroffenen ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden, welches letztendlich dazu dient, die Interessen des Betroffenen bestmöglichst zu vertreten.

Er kann mit Wirkung für den Betroffenen Anträge stellen, er darf bei Anhörungen und Beweisaufnahmen anwesend sein und Fragen stellen. Zur eigenständigen Ermittlung, z. B. durch eigene in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten, ist der Verfahrenspfleger dagegen nicht befugt.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör gegenüber dem Gericht kann nur dann angemessen durchgesetzt werden, wenn dem Verfahrenspfleger Zugang zu Verfahrensunterlagen verschafft wird. So sind ihm medizinische Sachverständigengutachten unverzüglich nach seiner Bestellung und vor Anhörung des Betroffenen, spätestens aber rechtzeitig vor Erlass der Entscheidung zu übermitteln. (Beschl. LG München I v. 23.09.97, 13 T 16565/97, FamRZ 1998, 1183). Dagegen ist der Betreuer nur gegenüber dem Gericht und nicht unmittelbar gegenüber dem Verfahrenspfleger auskunftspflichtig. Der Betreuer muss dem Verfahrenspfleger keine Einsicht in seine Betreuungsakten gewähren. (Beschl. LG Saarbrücken v. 13.05.2002, 5 T 58/02, FamRZ 2003, 60).

Verfahrenspfleger bei Unterbringungsverfahren

Wenn es um die Frage geht, ob für einen Betreuten Entscheidungen zu einer (freiheitsentziehenden) Unterbringung oder zu unterbringungsähnlichen Maßnahmen zu treffen sind, hat das Gericht im Rahmen eines solchen Genehmigungsverfahrens einen Verfahrenspfleger zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist (§ 317 FamFG), d. h. es muss also nicht immer ein Verfahrenspfleger bestellt werden. Die Anordnung einer Verfahrenspflegschaft ist nur dann zwingend, wenn von der Anhörung des Betroffenen abgesehen werden soll, weil dieser aufgrund seines Krankheitsbildes nicht in der Lage ist, in konstruktiver Weise seinen natürlichen Willen zu äußern. Dann muss ihm ein Verfahrenspfleger an die Seite gestellt werden, der seine Interessen wahrnimmt und dem rechtliches Gehör gewährt wird.

In dem Verfahren ist der Verfahrenspfleger dann in gleicher Weise zu beteiligen wie ein Betroffener, der keinen Verfahrenspfleger hat. Er ist über den Verfahrensverlauf zu unterrichten und das Sachverständigengutachten ist ihm in Abschrift zuzuleiten. Die Bestellung des Verfahrenspflegers bezweckt nämlich gerade, konstruktives rechtliches Gehör zu ermöglichen und zu gewähren. Die alleinige Wahrnehmung des Rechts durch einen dazu unfähigen Betroffenen entspricht nicht der vom Gesetz geforderten ordnungsgemäßen Rechtsausübung. (Beschl. LG München v. 25.01.95, 13 T 1275/95, BtPrax 1995/110)

Verfahrenspflegschaft – Im Zweifel soll sie angeordnet werden

Wenn in einem Verfahren die Anordnung einer Betreuung, die alle Angelegenheiten umfasst, erfolgen soll, ist es nach der Rechtsprechung regelmäßig geboten, einen Verfahrenspfleger für den Betroffenen zu bestellen. Im Zweifel eine Verfahrenspflegschaft zu bestellen gilt auch dann, wenn die beabsichtigte Entscheidung, also die Einrichtung einer alle Angelegenheiten umfassenden Betreuung, dem natürlichen Willen des Betroffenen entspricht. (BGH 07.08.13, XII ZB 223/13)

Für einen in diesem Sinne umfassenden Verfahrensgegenstand spricht nach der Rechtsprechung, dass die getroffenen Maßnahmen die Betreuung auf Aufgabenkreise erstreckt, die in ihrer Gesamtheit alle wesentlichen Bereiche der Lebensgestaltung des Betroffenen umfassen würden.  (BGH im Anschluss an Beschl. v. 04.08.2010 – XII ZB 167/10)

Verfahrenspfleger – Betreuungsbehörde – Interessenkonflikt

Die zuständige Betreuungsbehörde kann grundsätzlich nicht zum Verfahrenspfleger bestellt werden, da mit den Aufgaben eines Verfahrenspflegers zur neutralen Beratung und Unterstützung eines Betroffenen im Betreuungsverfahren eine solche anderweitige Beteiligung am Verfahren nicht vereinbar ist. (Beschl. LG Stuttgart v. 18.07.95 – 2 T 402/95, 2 T 610/95, BWNotZ 1996/14)

Die Bestellung der Betreuungsbehörde als Verfahrenspfleger verbietet sich, weil generell ein Interessenkonflikt droht, wenn die Behörde nämlich im Betreuungsverfahren zu Stellungnahmen und Ermittlungen aufgefordert wird, die eine strenge Neutralität sowohl dem Betroffenen als auch dem Betreuer gegenüber erfordern. (Beschl. LG Braunschweig v. 27.07.2004, 8 T 645/04, Betreuung Aktuell 3/2004, 28)

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