Akteneinsichtsrecht des Verfahrenspflegers

Eine der grundlegendsten Aufgaben des Verfahrenspflegers ist die, dem Betroffenen rechtliches Gehör zu verschaffen. Der Anspruch auf Verschaffung rechtlichen Gehörs ist grundgesetzlich geschützt und das Akteneinsichtsrecht des Verfahrenspflegers wird allgemein als Teil dieses Anspruchs verstanden.

Die Ausübung  seiner Funktion als unabhängiger und eigenständiger Beteiligter des Verfahrenssetzt voraus, dass er vom Gericht umfassend über den Verfahrensverlauf unterrichtet und an allen Verfahrensverhandlungen beteiligt wird. Denn er muss seine Aufgaben  effektiv wahrnehmen können und in der Lage sein, den Verfahrensverlauf ggf. kritisch zu verfolgen und zu beeinflussen. Daraus folgt, dass ihm umfassendes Akteneinsichtsrecht in die Gerichtsakten und entsprechenden Sachverständigengutachten gewährt werden muss. Er ist zu Anhörungen und Beweisaufnahmen zu laden und hat das Recht, Fragen zu stellen.

Das Gericht hat im Rahmen der Bestellung des Verfahrenspflegers Art und Umfang von dessen Beauftragung konkret festzulegen und die Beauftragung zu begründen. Innerhalb dieser Verfahren, zu deren Überwachung er bestellt wurde, steht ihm volles Akteneinsichtsrecht in die Gerichtsakten zu.

Schwierig zu beantworten ist die Frage, ob der Verfahrenspfleger Akteneinsicht auch in solche Gerichtsunterlagen erhalten soll, die nichtdie Entscheidungen betreffen, zu deren Überwachung er bestellt wurde. In der Literatur und Rechtsprechung ist hierüber wenig zu finden.

Allerdings erscheint es nicht praxisnah, das Akteneinsichtsrecht grundsätzlich und im Allgemeinen  in starrer Weise nur auf das einzelne beauftragte Verfahren zu beschränken. Hier muss m. E. im Einzelfall entschieden werden, ob sich das betreuungsrechtliche Verfahren, für das keine Beauftragung des Verfahrenspflegers besteht, inhaltlich und in Bezug auf die Gesamtwürdigung verfahrensübergreifender Umstände auch auf das Verfahren, für das er bestellt wurde, auswirkt oder auswirken kann. Denn gerade im Betreuungsrecht lassen sich einzelne Lebenssachverhalte nicht immer konkret und sachlich in bestimmte Verfahrensarten einsortieren, sondern  es besteht die Möglichkeit, dass eszu Überschneidungen kommt. Seine Funktion als unterstützendes Element für den Betroffenen kann der Verfahrenspfleger aber nur dann in zielgerichteter Weise ausüben, wenn er umfassend aktenkundig ist.

Zu einer eigenen umfassenden Ermittlungstätigkeit ist der Verfahrenspfleger dagegen nicht befugt. Er darf keine eigenen Privatgutachten in Auftrag geben, Dritte (z. B. Vermieter, Banken, Ärzte) müssen ihm keine Auskünfte geben.

Wenn es sich um eine Betreuungssache in allen Angelegenheiten handelt besteht ein solches umfassendes Akteneinsichtsrecht.

Im Einzelfall kommt es jeweils auf den Grad der Krankheit und die Bedeutung des jeweiligen Verfahrensgegenstands an. Für einen in diesem Sinne umfassenden Verfahrensgegenstand spricht, wenn sich die Betreuung auf Aufgabenkreise erstreckt, die in ihrer Gesamtheit alle wesentlichen Bereiche der Lebensgestaltung  ausmachen. Auch dann ist ein volles Akteneinsichtsrecht des Verfahrenspflegers gegeben.

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