OLG Stuttgart vom 29.6.2009 Vermögenszurechnung bei Liechtenstein – Stiftung

Leitsatz
1. Die wirksame Begründung einer Stiftung nach liechtensteinischem Recht setzt voraus, dass der Stifter das Stiftungsvermögen der Stiftung endgültig und ohne Widerrufsmöglichkeit zuführt.
2. Entsprechendes gilt dann, wenn das Vermögen der Stiftung über einen Stiftungsverwalter zugeführt wird, der über einen Mandatsvertrag auf Weisung des wirtschaftlichen Stifters zu handeln hat.
3. Liegt ein Scheingeschäft vor, so ist das Vermögen weiterhin dem Vermögen des wirtschaftlichen Stifters zuzurechnen und fällt bei dessen Tod in seinen Nachlass. Es steht daher nicht im Wege eines Vertrages zu Gunsten Dritter auf den Todesfall dem in Stiftungsreglement benannten Nachbegünstigten zu.


Sachverhalt

Der Kläger ist Testamentsvollstrecker und streitet mit der Tochter und Alleinerbin der Erblasserin darüber, ob ein in Basel verwahrtes Wertpapierdepot zum Nachlass gehört. Problem ist, ob die Erblasserin oder die in ihrem Auftrag gegründete Stiftung Inhaberin des Depots war, das nach dem Tod der Erblasserin Wertpapiere im Wert von 2.635.931 CHF enthielt. Nach der Stiftungssatzung sollten der Stiftungsgenuss am gesamten Vermögen der Stiftung und dessen Ertrag zeitlebens der Erblasserin und nach ihrem Tod ihrer Tochter als sog. Nachbegünstigte zustehen. Diese Bestimmung legte das LG Stuttgart als unwiderrufliche Schenkung auf den Todesfall aus, die die Beklagte angenommen habe (LG Stuttgart v. 5.12.2008 – 27 O 47/08).
Das OLG Stuttgart hat der Feststellungsklage stattgegeben. Das Wertpapierdepot könne nicht der von der Tochter gegründeten Stiftung gehören, sondern müsse der Erblasserin zugerechnet werden und falle daher in den Nachlass.
Für die Praxis bedeutet das folgendes:
Wird die Stiftung durch Treuhänder gegründet,  bestehen starke Zweifel an der Rechtswirksamkeit ihrer Errichtung. Es wird ein Scheingeschäft angenommen, wenn der Treugeber das Stiftungsvermögen kraft umfassender Befugnisse zur Änderung der Stiftungssatzung zu seinem Vorteil verwenden kann.
Das Stiftungsvermögen wird als Vermögen des Treugebers indiziert, wenn jener nach dem Vertrag so auf die Stiftungsratsmitglieder einwirken kann, dass er über das Stiftungsvermögen und dessen Erträge wie über eigenes Vermögen verfügen kann.
Folglich sind Vermögensübertragungen auf eine liechtensteinische Stiftung unter dem Streitfall vergleichbaren Bedingungen zu verneinen, wenn das Stiftungsvermögen in ausnahmsweise zulässiger Durchbrechung der Stiftung als juristische Person weiterhin dem wirtschaftlichen Stifter zugerechnet.
Dem Treugeber dürften jedoch entsprechende Herausgabeansprüche gegen die Stiftung zustehen.

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