Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit

Der Erblasser ließ sich hinsichtlich seines Testaments anwaltlich beraten und gestaltete seine letztwillige Verfügung so, dass eine Konfliktklausel in die letztwillige Verfügung aufgenommen wurde. Nach dieser Konfliktklausel hatten sich die Erben, Vermächtnisnehmer und Testamentsvollstrecker bei Streitigkeiten, die durch das Testament oder den Erbfall hervorgerufen würden, einem Schiedsgericht zu unterwerfen. Die ordentliche Gerichtsbarkeit sollte ausgeschlossen werden. Der Rechtsanwalt, der den Erblasser bei der Fertigung der letztwilligen Verfügung beraten hatte, war selbst sowohl Gründungsmitglied als auch Vorstandsmitglied der das Schiedsgericht bestimmenden Vereinigung. Der Anwalt nahm das Amt des Testamentsvollstreckers an. Danach beantragte einer der Miterben die Entlassung des Rechtsanwalts als Testamentsvollstrecker, mit der Begründung, der Testamentsvollstrecker vertrete seine eigenen Interessen. Außerdem habe der Anwalt das  Nachlassverzeichnis verzögert und fehlerhaft erstellt. Darüber hinaus gefährdeten die erheblichen Spannungen zwischen ihm und dem Anwalt die ordnungsgemäße Amtsführung.
Das OLG Karlsruhe entschied durch Urteil, dass diese Schiedsgerichtsklausel grundsätzlich wirksam sei. Allerdings unterfalle eine Streitigkeit über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers, die nicht auf einer zwischen diesem und dem Erben und sonstigen Beteiligten vereinbarten Schiedsklausel beruhe, sondern auf einer letztwilligen Verfügung, nicht einem Schiedsgericht. Es sei auch nicht möglich, eine solche Streitigkeit einem Schiedsgericht zuzuweisen. In seiner Begründung führt das OLG aus, dass der Testamentsvollstrecker gegenüber den Erben eine starke Position hat. Die Beschränkung der Erben durch den Testamentsvollstrecker dürfe jedoch nicht so weit gehen, dass die Erben der Willkür des Testamentsvollstreckers ausgeliefert sind. In § 2220 BGB sei ein Befreiungsverbot enthalten, das dem Erblasser verbiete, den Erben in der Ausübung der Rechte zu beschränken, die dieser innehat, wenn der Testamentsvollstrecker seine Pflichten verletzt. Unter dieses Befreiungsverbot fällt auch das Recht des Erben, die Entlassung des Testamentsvollstreckers zu beantragen. Dieses Recht kann vom Erblasser weder eingeschränkt noch ausgeschlossen werden. Dies muss auch dann beachtet werden, wenn der Erblasser das durch Gesetz strukturierte Entlassungsverfahren mittels eines Schiedsgerichtsverfahren ausschließen will. Das FGG, dem das Entlassungsverfahren unterliegt, sieht Zwangsmaßnahmen vor, die den Erben, der einen Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers stellt, schützen soll. Außerdem gilt im FGG- Verfahren der Amtsermittlungsgrundsatz, wonach nicht die Parteien die für sie günstigen Tatsachen selbst darlegen müssen, sondern das Gericht diese von Amts wegen ermitteln muss. In einem Schiedsgerichtsverfahren sind diese Zwangsmaßnahmen und der Amtsermittlungsgrundsatz gerade nicht gegeben. Daraus folgt, dass das, was dem Erblasser durch § 2220 BGB untersagt ist, nicht durch eine prozessuale oder verfahrensrechtliche Gestaltung der letztwilligen Verfügung umgangen werden kann. Dennoch bleiben Schiedsklauseln in Testamenten im Grundsatz zulässig. (OLG Karlsruhe Urt. V. 28.07.2009- 11Wx 94/07)
Tanja Stier

Rechtsanwältin

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