Betreuer hat Schriftverkehr direkt mit Ämtern und Behörden zu führen, wenn der entsprechende Aufgabenkreis übertragen wurde

Das SG Chemnitz hat mit Gerichtsentscheid vom 01.04.2014 eine Entscheidung mit großer praktischer Bedeutung für Betreuer und Betreute getroffen. Es geht dabei um die immer wieder zu Problemen und Unsicherheiten führende Frage, ob Ämter und Behörden die Post, die den Betreuten betrifft, direkt an den Betreuer oder an den Betreuten zu schicken haben, wenn der Betreuer für den Aufgabenkreis „Vertretung des Betreuten gegenüber Ämtern und Behörden“ bestellt ist, aber nicht für den Aufgabenkreis „Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post“. Der  Aufgabenkreis „Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post“ muss vom Gericht ausdrücklich angeordnet werden. Ansonsten darf der Betreuer die Post, die an den Betreuten adressiert ist, nicht entgegennehmen oder öffnen.

Dagegen geht es, wenn der Betreuer dazu bestellt wurde, den Betreuten gegenüber Ämtern und Behörden zu vertreten, um die Frage, ob die Ämter und Behörden direkt mit dem Betreuer zu kommunizieren haben. Dies wurde vom SG Chemnitz bejaht.

Bei der Anordnung dieses Aufgabenkreises hat der Betreute sogar einen Anspruch darauf, dass sich die Behörde oder das Amt im Hinblick auf ein Verwaltungsverfahren direkt an den Betreuer wendet. Nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB X muss sich eine Behörde an den Bevollmächtigten wenden, wenn ein solcher für das Verfahren bestellt ist.

Vorteilhaft ist dies für den Betreuten deshalb, da die Gefahr der Fristversäumnis für ihn somit nicht besteht. Außerdem kann andererseits der Betreuer sicher sein, dass er über den ganzen Verfahrensverlauf informiert ist und keine Schriftstücke vom Betreuten zurückgehalten werden. Andererseits besteht aber auch die Gefahr, dass der Betreute, was das spezielle Verfahren betrifft, sich evtl. von seinem Betreuer übergangen fühlt oder nicht genügend informiert wird. Auch die Angehörigen sind darauf angewiesen, dass die vom Betreuer „freiwillig“ über den Gang des Verfahrens informiert werden.

In dem vom SG Chemnitz entschiedenen Fall ging es darum, dass der Betreute gerichtlich und außergerichtlich von seinem Betreuer in seinem Aufgabenbereich vertreten (§ 1902 BGB) wird. Zu seinem Aufgabenkreis gehört insbesondere die Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden, wie es der Beklagte unter anderem ist.
Die Einschränkung, dass die Entgegennahme und das Öffnen der Post nach § 1896 Abs. 4 BGB ausdrücklich angeordnet werden muss, ist nicht einschlägig.  Es geht vorliegend nicht darum, dass der Betreuer die Post, welche an den Betreuten adressiert ist, entgegennehmen und öffnen möchte. Dies ist ihm nicht gestattet. Es geht vielmehr darum, dass die Korrespondenz unmittelbar mit dem Betreuer zu führen ist, wozu der Beklagte (Behörde) auch verpflichtet ist. Die Post ist unmittelbar an diesen zu adressieren. Der Betreuer hat dieselbe Stellung wie jeder andere Bevollmächtigte auch. Diese Stellung hat der Beklagte zu beachten. Korrespondenz ist aus diesem Grunde unmittelbar mit dem Betreuer zu führen (SG Chemnitz, Gerichtsentscheid v. 01.04.2014, AZ: S 3 AS 415/14).

 

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