Wie wirkt die Patientenverfügung eines Betroffenen wenn eine Zwangsunterbringung veranlasst werden muss?

Jeder Volljährige kann, soweit er zu diesem Zeitpunkt „einwilligungsfähig“ ist (die Einwilligungsfähigkeit bezieht sich nur auf konkrete medizinische Eingriffe und ist nicht mit der Geschäftsfähigkeit zu verwechseln), in einer Patientenverfügung  festlegen, dass er – falls er gesundheitsbedingt nicht mehr einwilligungsfähig sein sollte –  bestimmte Untersuchungen, Heilmethoden, Medikamente, ärztliche Maßnahmen etc. nicht möchte. Diese Patientenverfügungen sind grundsätzlich dann verbindlich, wenn noch dazu kommt, dass die konkret in Frage stehende Lebens- und Behandlungssituation die ist, die sich der Betroffene bei Verfassen der Patientenverfügung  vorgestellt hat. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, sind Ärzte, Betreuer, Bevollmächtigte und Gerichte grundsätzlich an den Inhalt der Patientenverfügung gebunden. Denn das Grundrecht auf freie Selbstbestimmung besagt, dass die mit freiem Willen festgeschriebene Weigerung, sich behandeln zu lassen, hingenommen werden muss.
Dies muss auch dann zutreffen, wenn es z. B. um psychische Krankheiten geht, deren akute Situation eine Zwangsunterbringung in einer psychiatrischen Klinik und die Behandlung mit Psychopharmaka erforderlich macht – in der Patientenverfügung aber wirksam festgelegt wurde, dass eine Behandlung mit Psychopharmaka abgelehnt wird. Denn wenn die Regelungen einer Patientenverfügung sogar dann verbindlich sind, wenn der Patient aufgrund dessen verstirbt, obwohl er gerettet hätte werden können, muss dies erst recht gelten, wenn der Betroffene nicht von einer psychischen Krankheit geheilt werden möchte, obwohl dies mit den entsprechenden Medikamenten möglich gewesen wäre. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob diese Zwangsunterbringung öffentlich-rechtlicher oder zivilrechtlicher Art ist.

Problematisch ist dabei dann allerdings die Frage, was mit diesen Betroffenen, die zwar in einer psychiatrischen Klinik untergebracht sind, aufgrund der zu beachtenden Patientenverfügung aber nicht entsprechend behandelt werden können, auf Dauer geschehen soll. Denn eine zeitlich unbegrenzte „Verwahrung“ der Betroffenen in Krankenhäusern, die wegen Selbst- und /oder Fremdgefährdung nicht entlassen werden können, ginge dann uferlos zulasten der Krankenkassen. Konsequenterweise muss die Frage gestellt werden, wo diese Menschen dann eigentlich untergebracht werden sollen. Zumindest im Falle der drohenden Fremdgefährdung müsste unseres Erachtens nach dann entgegen der anders lautenden Patientenverfügung eine Zwangsbehandlung zulässig sein, da es sich hier dann nicht mehr nur um die eigenen Rechte des Betroffenen handelt.
Susanne Kilisch
Wiss. Mitarbeiterin

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