Erneut hat der BGH entschieden:
Ein bloßer Verdacht der Unwirksamkeit genügt nicht, um die Wirksamkeit einer Vorsorgevollmacht zu erschüttern (BGH, Beschluss v. 19.10.2016, AZ: XII ZB 289/16).
Wenn eine wirksame Vorsorgevollmacht vorliegt, ist die Einrichtung einer Betreuung i. d. R. nicht möglich. Was aber, wenn Zweifel bezüglich der Wirksamkeit der Vollmacht bestehen?
In dem zu entscheidenden Fall hatte eine Betroffene ihrer Tochter eine Vorsorgevollmacht erteilt. 2 Jahre später erteilte die Betroffene ihrem Enkel eine notarielle General- und Betreuungsvollmacht. Die Tochter war damit nicht einverstanden und regte ein Betreuungsverfahren für ihre Mutter an. Dies obwohl der Enkel in Besitz der Generalvollmacht war. Es wurde auch tatsächlich eine gesetzliche Betreuung für die Betroffene eingerichtet. Dagegen wehrte sie sich, bis der Fall schlussendlich vom BGH zu entscheiden war. Dieser rügte die Vorgehensweise der vorangegangenen Gerichtsentscheidungen und stellte wieder einmal die Tatsache klar in den Vordergrund, dass eine Betreuung nur dann eingerichtet werden darf, wenn die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten nicht ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können.
Eine umfassende Generalvollmacht ist sehr wohl dazu geeignet, den Bevollmächtigten dazu in die Lage zu versetzen, die Angelegenheiten des Betroffenen im erforderlichen Maß zu erledigen. Entscheidend kam es in dem Fall darauf an, dass Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht vorgebracht wurden, was die erstinstanzlichen Gerichte dazu veranlasste, eine Betreuung einzurichten und damit die Vollmacht des Enkels außer Kraft zu setzen. Allerdings konnten diese Zweifel – wie in so vielen Fällen – nicht ausreichend durch konkrete Anhaltspunkte bestätigt werden. Deshalb wurde dieser Fall zur erneuten Entscheidung an das zuständige Landgericht zurückverwiesen.
Deutlich tritt hiermit einmal mehr zu Tage, dass Betroffene sich nicht in ihr „Schicksal ergeben müssen“, wenn – aus welchen Gründen auch immer – innerhalb der Familie Unstimmigkeiten darüber entstehen, wer für ihr Wohlergehen und ihre Versorgung bestimmt werden soll. Die Betroffene hatte mit der Erstellung der notariellen Generalvollmacht zugunsten ihres Enkels einen klaren Willen zum Ausdruck gebracht und dieser muss respektiert werden. Jedenfalls so lange, bis konkret festgestellt werden kann, dass die Vollmacht evtl. keine Gültigkeit besitzt oder die Redlichkeit des Bevollmächtigten ausreichend in Frage gestellt werden kann um den Widerruf der Vollmacht zu rechtfertigen.
Betroffene, die sich einem solchen Verhalten ihrer Angehörigen oder anderen Personen gegenübersehen und dies nicht zu akzeptieren bereit sind, sollten sich in jedem Fall kompetente rechtliche Unterstützung einholen.