Zwangsbetreuung zur Regelung von Unterhaltsansprüchen ?

In diesem erstaunlichen Fall wird deutlich, dass es möglich ist, dass wenn man in einem Gerichtsverfahren mit dem Gegner nicht klarkommt – was im Übrigen den meisten Gerichtsverfahren immanent ist – eine Betreuung für die „renitente“ Partei beantragt werden kann, so dass dann der Betreuer die erwünschten Erklärungen abgibt.

In einem uns zugetragenen Fall regte das Oberlandesgericht beim Amtsgericht die Einrichtung einer Betreuung an, da im dort anhängigen Scheidungsverfahren angeblich die Verfahrensfähigkeit der betroffenen Ehefrau in Frage stand.

Die Betroffene wollte sich einfach nicht scheiden lassen.

Durch die damit verbunden verfahrensrechtlichen Komplikationen war das zuständige Familiengericht schlichtweg so entnervt, dass es eine Betreuung der Ehefrau für das familienrechtliche Verfahren beim zuständigen Amtsgericht anregte. Daraufhin nahm die zuständige Betreuungsrichterin an einem Termin vor dem Oberlandesgericht im Scheidungsverfahren teil. Ebenfalls anwesend war ein bestellter Sachverständiger, der die Betroffene in diesem Termin begutachten sollte. Die Betroffene wurde daraufhin während diesem Termin zunächst angehört, worauf der Sachverständige ein  mündliches Gutachten erstellt hatte. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass sie aufgrund Krankheit prozessunfähig und teilweise geschäftsunfähig sei. Es müsse eine Betreuung eingerichtet werden, die Prozess- und Vermögensangelegenheiten umfasse. Sie könne bezüglich des Scheidungsverfahrens nicht in wohlverstandenem eigenen Interesse handeln und insoweit keinen freien Willen bilden.

Daraufhin ordnete das Amtsgericht die Betreuung in den Aufgabenkreisen Wohnungsangelegenheiten, Entgegenahme, Öffnen und Anhalten der Post sowie Vertretung in familienrechtlichen Angelegenheiten einschließlich der gerichtlichen Vertretung an. Die Folge davon war, dass die Betroffene nun überhaupt keine Post mehr erhielt.

Daraufhin wurde Beschwerde gegen den Betreuungsbeschluss des Amtsgerichts eingelegt, und das Landgericht hat den Betreuungsbeschluss dann auch zu Recht vollständig aufgehoben.

Zur Begründung führten die Richter aus, dass ein vorläufiger Betreuer durch einstweilige Anordnung nur dann bestellt werden kann, wenn dringende Gründe für die Annahme bestehen, das die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers vorliegen und ein dringendes Bedürfnis für einsofortiges Tätigwerden besteht. Es wurde aber festgestellt, dass  kein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden bestand.  Ein sofortiges Bedürfnis für eine Ehescheidung war nicht ersichtlich. Die Betroffene hatte lediglich erklärt, eine Ehescheidung nicht zu wollen.  Das gleiche galt für im Raum stehenden Unterhaltsansprüche der Betroffenen. Dennsie befand sich nicht in einer solchen wirtschaftlichen Situation, die es erforderlich machen würde, ihre Unterhaltsansprüche sofort gerichtlich geltend zu machen, da sie ansonsten ihren dringenden Bedarf nicht decken könnte.

Trotz alledem ließ das Amtsgericht nicht locker und bestellte die Betroffene zur Erneuten Anhörung vor das Betreuungsgericht. Nachdem diese zu diesem Termin nicht erschien, erließ das Gericht einen erneuten Beschluss, in dem nun wieder die Betreuung der Betroffenen für die Aufgabenkreise Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post sowie Vertretung in familienrechtlichen Angelegenheiten angeordnet wurde.

Dies hatte wiederum zur Folge, dass die Betroffene überhaupt keine Post bekam, nicht bezüglich der Scheidungs- und Unterhaltsverfahren und auch sonst keine.

Die Beschwerde gegen diesen erneuten Beschluss führte schließlich lediglich dazu, dass der Betreuungsbeschluss dahingehend abgeändert wurde, dass nur die Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise, also bezüglich der familienrechtlichen Angelegenheiten, direkt an den Betreuer geleitet wird. Die Betreuung an sich wurde nicht aufgehoben.

Dieser Fall zeigt, dass es tatsächlich möglich ist, in einem familienrechtlichen Gerichtsverfahren, in dem Unterhaltsansprüche geregelt werden sollen, unter Betreuung gestellt zu werden, weil man sich gegenüber dem Gericht nicht einsichtig zeigt.

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