Unserer Stiftung wurde ein Fall bekannt, in dem für eine demenzkranke Ehefrau, die in einem Pflegeheim lebt, eine (fremde) Berufsbetreuerin vom Gericht bestellt wurde. Dies obwohl der Ehemann der Betreuten und die gemeinsame Tochter, die Betreuung bei Gericht angeregt hatten mit der Absicht, selbstverständlich sich selbst als ehrenamtliche Betreuer einsetzen zu lassen.
Die Betroffene verfügt über keine erheblichen Vermögenswerte, ihre Reserven sind inzwischen für Pflegeheim etc. aufgebraucht. Die Eheleute sind bis heute seit 1977 miteinander verheiratet, lebten seit dem – bis zum Einzug der Betroffenen in ein Pflegeheim – dauernd zusammen und haben 2 gemeinsame Kinder. Aufgrund der immer weiter fortschreitenden Krankheit der Frau wurde es für den Ehemann immer schwieriger, sie zu Hause zu pflegen. Sie braucht inzwischen Beaufsichtigung rund um die Uhr, was der Ehemann nicht mehr alleine leisten konnte.
Als die Betroffene im Pflegeheim untergebracht war, wurde ein gerichtliches Unterhalsverfahren gegen ihn eingeleitet. Warum und weshalb dies beantragt wurde, bleibt schleierhaft, resultiert aber wohl aus dem inzwischen vollständig verwirrten Zustand der Betroffenen. Der Ehemann hatte sich immer um den Unterhalt seiner Frau und Familie ganz selbstverständlich gekümmert und kam zu keinem Zeitpunkt auf den Gedanken, dies irgendwann nicht mehr zu tun. Die Ehefrau selbst jedenfalls konnte sich aufgrund ihrer schweren Krankheit an nichts erinnern und musste auch von ihrem Mann zur den entsprechenden Gerichtsterminen mitgenommen werden, da sie aus freien Stücken nicht dazu zu bewegen war. Sie kannte diese Termine nicht einmal, da sie schon jede Raum- und Zeitorientierung verloren hatte. Auch an ihren damaligen Anwalt konnte sie sich nicht erinnern. Das Unterhaltsverfahren wurde eingestellt.
Trotzdem hat das Gericht hat aus dem Umstand, dass die Familie im Laufe ihres Zusammenlebens in einem Mehrfamilienhaus 2 Wohnungen gekauft und diese aber gemeinsam bewohnt hat, gefolgert, dass ein eheliches Zusammenleben vor dem Einzug in das Pflegeheim nicht (mehr) stattfand. Ohne jegliche Überprüfung wurde angenommen, dass die Ehepartner in den zwei Wohnungen getrennt lebten. Es wurden keine Zeugen zu diesem Punkt befragt, die Kinder sind schon lange außer Haus, von Freunden und Bekannten der Familie hat sich die Betroffene aufgrund ihrer schweren Krankheit immer mehr zurückgezogen und hat inzwischen überhaupt keine sozialen Kontakte mehr.
Bezeichnenderweise ist dem Umfeld der Familie aberbekannt, dass der Ehemann in allen Belangen, die seine Frau betreffen, stets der richtige Ansprechpartner ist. So ist er derjenige, der für seine Frau den Heimvertrag abgeschlossen hat und für die Kosten aufkommt, er war auch stets der Ansprechpartner für die Polizei, die seine Frau zuvor öfters orientierungslos auf der Straße aufgegriffen hatte. Sie wird von ihrem Mann täglich in dem Pflegeheim besucht und umsorgt.
Der Ehemann ist seit 1980 Betriebswirt und war als Berufsschullehrer für BWL bis 2012 tätig. Er hat sich immer um die finanziellen Angelegenheiten der Familie gekümmert, es kam nie zu Konflikten deswegen. Trotzdem wurde ihm von verschiedenen Stellen (Heimleitung, Rechtspfleger bei Gericht)immer wieder gesagt, es sei üblich und notwendig, für Vermögensangelegenheiten einen (fremden) Berufsbetreuer zu bestellen, da es sonst zu Schwierigkeiten kommen könnte.
Diese Ansicht ist völlig unverständlich. Warum sollte in einem solchen Fall, in dem seit über 30 Jahren ein intaktes Ehe- und Familienleben stattfand nun plötzlich eine völlig fremde Person als Betreuer für die Ehefrau eingesetzt werden? Das zuständige Gericht hat es ebenso wie das später angerufene Beschwerdegericht nicht für nötig erachtet, persönlich mit dem Ehemann zu sprechen oder sich vielleicht selbst ein Bild von den örtlichen Gegebenheiten (zwei Wohnungen, die aber durch entsprechende Aufteilung als eine große Familienwohnung genutzt wurden) zu machen.
Die Beschwerde des Ehemannes gegen den Betreuungsbeschluß des Gerichtes wurde als unzulässig verworfen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass keine häusliche Gemeinschaft zwischen den Eheleuten mehr bestand. Der Ehemann muss die Tatsache hinnehmen, dass seine Frau unter fremder, gerichtlicher Betreuung steht. Dieser Fall zeigt in erschreckender Weise, wie desinteressiert die Gerichte in Betreuungssachen entscheiden, wie wenig der Grundsatz beachtet wird, dass die Angehörigen überhaupt angehört werden.