Unkritisches Verwenden formularmäßiger Betreuungsanregungen durch Krankenhäuser  

Wir stellen fest, dass einzelne Krankenhäuser, insbesondere psychiatrische Abteilungen, vorschnell zum Formular „Anregung einer (vorläufigen) Betreuung“ greifen.

Ob allem Anschein nach übereifrigen Ärzten überhaupt klar ist, was sie damit im Leben der Patienten anrichten können, darf bezweifelt werden. Erst kürzlich – fast 6 Monate nach Inkrafttreten der Betreuungsrechtsreform! – wurde uns eine formularmäßige Betreuungsanregung vorgelegt, in dem Ärzte mittels Kreuz-Markierungen kurzerhand die Geschäftsfähigkeit des Patienten „ausixten“ und zusätzlich mittels einer Kreuz-Markierung die Anordnung der Betreuung „in allen Angelegenheiten“ anregten, basierend auf einer kurzen ärztlichen Stellungnahme in Zusammenhang mit einer kurzzeitigen Unterbringung nach PsychKHG und deshalb stationären Aufenthalts des Patienten.

Die Anordnung „alle Angelegenheiten“ ist unzulässig, ausdrücklich klargestellt seit 01.01.2023 mit § 1815 BGB.

Die „Vernichtung“ der Geschäftsfähigkeit eines Patienten durch Ankreuzen ist nicht möglich, könnte jedoch u. U. – wie glücklicherweise in diesem Fall gerade noch verhindert – zum völligen Kontrollverlust bezüglich sämtlicher Lebensbereiche des Betroffenen führen.

Fatal: Das Betreuungsgericht ordnete auf der Grundlage dieser Anregung sofort eine vorläufige Betreuung für den in Vollzeit berufstätigen, in seiner Alltagskompetenz nicht im Mindesten eingeschränkten Patienten an. Und dies für die Aufgabenbereiche:

 

Vermögenssorge

Gesundheitssorge

Aufenthaltsbestimmung

Behörden-, Renten und Sozialleistungsangelegenheiten

Entscheidung über Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post

Wohnungsangelegenheiten

Entscheidung über eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung

Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen

Dabei deutete aus dem gesamten Sachverhalt absolut nichts darauf hin, warum die Anordnung einer nach Aufgabenbereichen derart massiv grundrechtseinschränkenden Betreuung durch das Gericht überhaupt in Betracht gezogen wurde.

Nach Beschwerdeeinlegung half das Betreuungsgericht seiner eigenen Entscheidung ab. Die Betreuung wurde aufgehoben und das Verfahren beendet.

Was wäre passiert, wenn der Betroffene nicht frühzeitig anwaltlich vertreten gewesen wäre?

 

 

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