Einen eklatanten Fall von Willkür im Betreuungsrecht hatte der BGH im Dezember 2012 zu entscheiden (BGH, Beschl. v. 11.12.2012, AZ 3 StR 389/12).
Dabei ging es um einen pensionierten Richter, der wegen Rechtsbeugung in 19 Fällen zu einer Freiheitsstrafe (zur Bewährung) verurteilt wurde. Ein Betreuungsrichter muss, um Maßnahmen wie z. B. Bettgitter, Bauchgurte, Fixierungen und Einweisungen in die Psychiatrie zu genehmigen, den Betroffenen zuvor persönlich angehört haben und sich damit einen unmittelbaren Eindruck von dem Betroffenen verschafft haben. So schreibt es das Gesetz vor. Dies hat der verurteilte Betreuungsrichter nach den Feststellungen des Gerichts aber nicht getan. So hatte er z. B. die Unterbringung einer Frau in die geschlossene Abteilung einer Psychiatrie und die Einweisung eines alkoholabhängigen Mannes in eine Entziehungsanstalt veranlasst, ohne den Betroffenen persönlich gegenüberzutreten und sie anzuhören. In den anderen, zur Anklage gekommenen Fällen ging es darum, dass er älteren, dementen Menschen Bettgitter und Fixierungen verpasst hatte, ohne diese selbst anzuhören und sich einen unmittelbaren Eindruck der konkreten Situation zu verschaffen. Diese Fälle stellten keine Einzelvorkommnisse im Verhalten des Richters dar. Sie waren durchaus repräsentativ für seine Arbeitsweise. Obwohl es auch Mahnungen des Gerichts gegeben hatte, war er der Meinung, er hätte eben eine andere Rechtsauslegung. In Fällen, in denen das Gesetz ausdrücklich die persönliche Anhörung der Betroffenen vorschreibt, ist aber kein Raum für eine andere Rechtsauslegung. Der geforderte unmittelbare Eindruck und das klare und umfassende Bild von der Persönlichkeit des Betroffenen läßt sich nur vor Ort und nur persönlich gewinnen, auch wenn dies mehr Arbeitsaufwand bedeutet. Alles andere ist als Fall von Willkür anzusehen, was in unserem Rechtssystem – gerade in dem sensiblen Bereich der Beschneidung von Freiheitsrechten – nicht zugelassen werden darf.