Pflegedienstmitarbeiter als Betreuer – Interessenkollision

Darf ein Mitarbeiter eines Pflegedienstes gleichzeitig gesetzlicher Betreuer einer von diesem Pflegedienst betreuten Person sein?
Kernstück der Beurteilung einer solchen Konstellation ist die Frage, ob dadurch ein Interessenskonflikt gegeben ist der zu einer Gefährdung des Betroffenen und damit einen Betreuerwechsel erforderlich macht.
§ 1897 Abs. 3 BGB als Ausschließungsgrund für die Betreuerbestellung von vornherein, bzw. als Grund für die Entlassung des Betreuers i. S. d. § 1908b Abs. BGB:
§ 1897 Abs. 3 BGB bestimmt, dass ein Mitarbeiter eines Pflegeheimes oder einer sonstigen Einrichtung, in welcher der Betroffene untergebracht ist oder wohnt, nicht zu dessen Betreuer bestellt werden darf. Es handelt sich dabei um einen absoluten Ausschließungsgrund für die Betreuerbestellung. Auch dann, wenn der Betroffene ausdrücklich wünscht, dass dieser Mitarbeiter zum Betreuer bestellt werden soll, darf das Betreuungsgericht ihn nicht als Betreuer einsetzen.
Diese Regelung betrifft nach ihrem Wortlaut die Fälle, in denen die Betroffenen in einer Einrichtung untergebracht sind. Sie trifft also nicht direkt auf die Fälle zu, in denen Betroffene zu Hause von einem Pflegedienst betreut werden. Unter Berücksichtigung des Zwecks des § 1897 Abs. 3 BGB – nämlich Interessenkollisionen auszuschließen – ist deshalb äußerst problematisch, wie der Fall zu beurteilen ist, in dem es um häusliche Pflege durch einen Pflegedienstmitarbeiter, der gleichzeitig gesetzlicher Betreuer der betreffenden Person ist, geht. Vor allem im Hinblick auf das dadurch entstehende Abhängigkeitsverhältnis der Betroffenen – welches unzweifelhaft auch in häuslichen Pflegesituationen besteht – ist es als unhaltbar anzusehen, wenn ein Mitarbeiter des Pflegedienstes gleichzeitig als gesetzlicher Betreuer eingesetzt ist.

Die Altenwohlgefährdung besteht ja gerade darin, dass mehrere Fachkräfte zusammenwirken und die Betroffenen dadurch in eine umfassende hilflose Lage kommen können. Der gesetzliche Betreuer ist derjenige, der die Versorgung und Pflege zu überwachen hat und entsprechend handeln muss, wenn Problemsituationen auftreten. Im Mittelpunkt der Arbeit als gesetzlicher Betreuer stehen die Wahrung des Wohls und die Vertretung der  Interessen des Betreuten. Es gehört zu den Betreuerpflichten bei auftretenden Missständen dem Pflegedienst entsprechende Weisungen zu erteilen, bzw. ihn zu wechseln. Der gesetzliche Betreuer, der aber auch gleichzeitig Pflegedienstmitarbeiter für ein und denselben Betreuten ist müsste sich also selbst kontrollieren. Die Gefahr eines Interessenkonflikts ist damit offensichtlich.

Der Betroffene ist dem Betreuer, der gleichzeitig im Rahmen seiner Tätigkeit für den Pflegedienst für den Betroffenen zuständig ist, ausgeliefert. Für die Anwendung von § 1897 Abs. 3 BGB ist grundsätzlich nicht erforderlich, dass ein konkreter Interessensgegensatz besteht oder nachgewiesen wird, sondern es genügt das Vorhandensein einer abstrakten Gefahr als Grundlage für den Ausschluss als Betreuer. Diese ist in einem solchen Fall zweifellos gegeben.
Entlassung des schon bestellten Betreuers, der erst nachträglich Pflegedienstmitarbeiter wird?
Die Entlassung eines Betreuers erfordert eine Interessengefährdung. Es genügt, dass die Eignung des Betreuers nicht mehr gewährleistet ist. Es wird nicht der Nachweis einer mangelnden Eignung gefordert, es ist ausreichend, wenn konkrete Tatsachen Anlass zu berechtigten Zweifeln an der Eignung geben und dadurch eine Gefährdung des Wohls des Betreuten gegeben ist. Unserer Meinung nach ist auch hier allein schon durch das Abhängigkeitsverhältnis, in dem sich der Betroffene durch eine solche Konstellation befindet, ausreichend, um eine Gefährdung des Wohls des Betroffenen herbeizuführen und darüber hinaus die Eignung des Betreuers zu beseitigen.
10.01.2019

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