Dazu hat der BGH entschieden:
Beabsichtigt das Gericht, in einem Betreuungsverfahren ein in einem anderen Verfahren eingeholtes Sachverständigengutachten entsprechend § 411 a ZPO zu verwerten, muss es den Beteiligten zuvor rechtliches Gehör gewähren (BGH, Beschluss v. 05.10.2016, AZ: XII ZB 152/16).
In dem entschiedenen Fall wurde der Betroffenen weder seitens des Amtsgerichts, noch seitens des Landgerichts angekündigt, dass das schon früher erstellte und vorliegende Sachverständigengutachten zur Entscheidungsgrundlage im Betreuungsverfahren gemacht werden sollte. Dadurch hatte die Betroffene keinerlei Gelegenheit, zu dem Sachverständigengutachten in irgendeiner Weise Stellung zu nehmen. Dies stellt eine schwere Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör dar.
Aber auch in ein weiterer Hinsicht ist dieser Fall bemerkenswert – und leider beispielhaft für viele Fälle, die uns immer wieder bekannt werden: Für die Betroffene wurde vor Jahren schon einmal ein Betreuungsverfahren eingeleitet (daraus stammte auch das Sachverständigengutachten). Dieses Verfahren wurde aber dadurch beendet, dass die Betroffene für ihren Sohn eine umfassende notarielle Vorsorgevollmacht erstellte. Auch ein weiteres Betreuungsverfahren wurde im Hinblick auf diese Vollmacht eingestellt. Im weiteren Verlauf wurde wiederum die (streitgegenständliche) Betreuung für die Betroffene angeregt – von der Sozialstation – die einen Pflegemissstand der Betroffenen befürchtete. Das Betreuungsgericht richtete daraufhin umgehend – trotz Vorsorgevollmacht – die gesetzliche Betreuung ein. Und dies obwohl weder die Betreuungsbehörde, der medizinische Dienst noch das Anhörungsprotokoll des Gerichtes bestätigt hatten, dass der Sohn seine Mutter nicht ordnungsgemäß versorgt, bzw. nicht in ihrem Interesse gehandelt hätte. Auch diesbezüglich hat der BGH in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass es konkreter Anhaltspunkte und tatsächlicher Feststellungen für die Einrichtung einer Betreuung (und den Widerruf der Vorsorgevollmacht) bedurft hätte.