Die Wünsche der betreuten Person sind unmittelbarer Handlungsmaßstab für den Betreuer. Der Betreuer ist grundsätzlich dazu verpflichtet, die (realisierbaren) Wünsche des Betreuten umzusetzen. Persönliche Ansichten oder Handlungsmaßstäbe des Betreuers sind dabei unbeachtlich. Ausnahmen der Wunschbefolgungspflicht bestehen nur nach § 1821 Abs. 3 BGB, der lautet:
Den Wünschen des Betreuten hat der Betreuer nicht zu entsprechen, soweit
1.
die Person des Betreuten oder dessen Vermögen hierdurch erheblich gefährdet würde und der Betreute diese Gefahr aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann oder
2.
dies dem Betreuer nicht zuzumuten ist.
Sofern dem Betreuten von dem Betreuer nicht die Möglichkeit gegeben wird, selbst zu entscheiden und sich selbst zu vertreten, obwohl der Betreute dies ausdrücklich wünscht, liegt ein erheblicher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betreuten vor. Der Rehabilitationsgrundsatz und das Ziel jeder rechtlichen Betreuung beinhaltet die Förderung rechtlicher Selbständigkeit des Betreuten, gemessen an der Schwere der zugrundeliegenden Erkrankung oder Behinderung sowie der Fähigkeit des Betreuten, hinsichtlich konkretem Handlungs- und Regelungsbedarf einen freien Willen bilden zu können. Der Betreuer muss deshalb jede Vertretungshandlung, also jede Situation, die für den Betreuten durch Entscheidung des Betreuers geregelt wird, darauf überprüfen, ob sie wirklich erforderlich ist. Erforderlich ist eine Entscheidung oder Handlung durch den Betreuer dann nicht, wenn ein milderes Mittel zur Verfügung steht, das ebenso zielführend ist.
Was ist dieses mildere Mittel?
Unterstützung des Betreuten durch den Betreuer, eine eigene Entscheidung treffen zu können. Der Betreute muss von dem Betreuer in der konkreten Situation beraten und/oder begleitet werden. Eine unterstützte Entscheidung liegt demnach dann vor, wenn der Betreute selbst entscheidet, bzw. selbst handelt, nachdem er sich zusammen mit dem Betreuer inhaltlich damit auseinandergesetzt hat und anschließend in der Lage ist, eine eigene Entscheidung zu treffen. Dies auch dann, wenn diese Entscheidung nach allgemeinen Maßstäben unvernünftig erscheinen mag. Voraussetzung für eine unterstützte, eigene Entscheidung/Handlung durch den Betreuten ist weiterhin, dass damit ein Ergebnis erzielt wird, das mit dem Ergebnis vergleichbar ist, das auch durch Entscheidung/Handlung durch den Betreuer erzielt worden wäre.
Kann durch eine unterstützte Entscheidung des Betreuten kein vergleichbares Ergebnis erzielt werden (z. B. bei Geschäftsunfähigkeit des Betreuten), ist in den meisten Fällen eine ersetzende Entscheidung durch den Betreuer erforderlich.
Im Ergebnis hängt jeder Einzelfall von der Schwierigkeit der zu treffenden Entscheidung/Handlung ab, dies kann für ein und denselben Betreuten also bezogen auf unterschiedliche Entscheidungen/Handlungen jeweils anders zu beurteilen sein.