Wie Angehörige durch gezielte Desinformation von Betreuern widerrechtlich unter Druck gesetzt werden

Folgender Fall wurde unserer Stiftung berichtet:

Ein mittlerweile 80-jähriger Mann wird seit 13 Jahren von seinem ursprünglich zum gesetzlichen Betreuer bestellten Sohn fachmännisch im gemeinsamen Haushalt gepflegt. Er ist zum Teil bettlägerig, zum Teil kann er sich – je nach Tagesform – im Rollstuhl aufhalten und sogar kleinere Ausflüge unternehmen. Trotzdem entschied sich das Betreuungsgericht dazu, einen Betreuerwechsel durchzuführen und eine Rechtsanwältin zur Berufsbetreuerin für den Vater einzusetzen.

Die Betreuerin suchte den Betroffenen zu Hause nicht auf. Bis heute – 3 Monate nach ihrer Bestellung – lernte sie ihn nicht persönlich kennen, sie telefonierte nicht einmal mit ihm.

Sie entschied jedoch, dass er nicht mehr zu Haue gepflegt werden solle, sondern besorgte ihm einen Platz im Pflegeheim. Ein medizinisches Sachverständigengutachten zur Geschäftsfähigkeit, Einwilligungsfähigkeit und/oder dem pflegerischen Zustand des Betroffenen wurde nicht eingeholt. Der Hintergrund dieser Entscheidung war schlichtweg, dass es ihr als Betreuerin mehr Arbeit bereiten würde, einen pflegebedürftigen Betreuten zu Hause in der Obhut eines pflegenden Angehörigen zu belassen. Wenn der Betroffene im Pflegeheim untergebracht ist, lässt sich ihre Tätigkeit als Betreuerin nämlich darauf beschränken, alle paar Monate mit dem Pflegeheim zu telefonieren und sich die formelhafte Bestätigung abzuholen, dass der Betroffene gut versorgt sei. Dass dies nicht den Wünschen und dem Willen des Betroffenen entsprach konnte die Betreuerin nicht wissen, da sie ihn nicht danach gefragt hatte. Auch der Sohn wurde über diesen Plan nicht informiert.

Jedenfalls erhielt der Sohn ca. sechs Wochen nach ihrer Bestellung zur Betreuerin plötzlich einen Anruf, in dem sie ihm mitteilte, dass der Vater am nächsten Tag von einem Pflegetransport abgeholt werden würde. Nachdem der Sohn ihr mitteilte, dass dies überhaupt nicht in Frage käme, drohte sie ihm damit, dass sie sehr wohl befugt sei, den Vater abholen zu lassen und wenn der Betroffene oder er – der Sohn – sich dagegen widersetzen würden, würde sie die Polizei und die Staatsanwaltschaft einschalten. Der Betroffene würde dann zwangsweise mit Hilfe der Vollzugsbeamten aus dem Haus abtransportiert werden.

Der Sohn tat daraufhin das Richtige und kontaktierte sofort seinen Anwalt. Dieser klärte ihn darüber auf, dass eine zwangsweise Verbringung eines Betreuten in ein Pflegeheim aufgrund einer bloßen Entscheidung des gesetzlichen Betreuers nicht möglich ist. Jede zwangsweise Unterbringung setzt einen gerichtlichen Beschluss bzw. Genehmigung voraus. Für diesen Beschluss wiederum sind besondere medizinische Voraussetzungen erforderlich, die nur durch Sachverständigengutachten festgestellt werden können. Es steht nicht in der Macht eines gesetzlichen Betreuers, zu entscheiden, dass ein Betreuter gegen seinen Willen in ein Pflegeheim verbracht wird. Schon gar nicht ist ein Betreuer dazu berechtigt, einen Betreuten ohne gerichtlichen Beschluss von der Polizei abholen zu lassen.

Trotzdem stand in vorliegendem Fall am nächsten Tag tatsächlich ein Pflegetransport vor der Tür um den Betreuten gegen seinen Willen mitzunehmen. Nachdem der Sohn die Mitarbeiter nicht in sein Haus ließ und erneut erklärte, der Vater werde hierbleiben, drohten auch die Mitarbeiter damit, nachher in Begleitung der Polizei wieder zu kommen und den Vater abzuholen. Dies geschah natürlich nicht. Die Betreuerin versuchte gezielt durch Einschüchterung, Drohung und Desinformation, den Betroffenen und den Sohn dazu zu bringen, sich ihrem Willen zu beugen und ein Betreuungsverfahren zu schaffen, welches für sie bei voller Pauschal-Bezahlung bequem vom Schreibtisch aus geführt werden kann. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Betreuerin vorhatte, den Betroffenen im Pflegeheim zu besuchen und ihn jemals persönlich kennenzulernen.

Wir wissen, dass nicht alle Angehörigen und Betroffenen die energische Widerstandskraft besitzen, wie sie dieser Sohn der Betreuerin entgegenbrachte. Die Darstellung dieses Falles soll sie jedoch zumindest darüber aufklären, dass auch für Betreuer Recht und Gesetz gilt und dass es wichtig ist, sich darüber zu informieren. Und zwar bevor die Rechte der Betroffenen und Angehörigen mit Füßen getreten werden und zusätzlicher Leidensdruck geschaffen wird.

 

 

 

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