Von einer Leserin wurde uns folgender Sachverhalt geschildert:
Ihr Bruder lebt in einem Seniorenheim. Obwohl sich sein gesundheitlicher Zustand mittlerweile gebessert hat, kümmert sich der Betreuer nicht darum, für den Betreuten eine für ihn besser geeignete Wohnform (betreutes Wohnen für psychisch kranke Menschen) zu organisieren. Der Betreute, der immer allein lebte, leidet darunter, in einem 2-Bett-Zimmer wohnen zu müssen. Weiterhin wird dem Betreuten von dem Betreuer kein, bzw. zu wenig Taschengeld zur Verfügung gestellt obwohl die Einkommensverhältnisse des Betroffenen einen höheren Betrag rechtfertigen würden. Die Schwester möchte den Bruder unterstützen und ihm eine Freude bereiten, indem sie ihm ab- und zu Pakete schickt, die allerdings vom Personal des Heimes abgefangen und rationiert werden.
Außerdem hätte die Schwester von dem Betreuer gerne Informationen darüber, wie sein Vermögen verwaltet wird und warum er mit Taschengeld so „knapp“ gehalten wird. Der Betreuer verweigert jedoch die Zusammenarbeit mit der Schwester, übersandte ihr lediglich eine einmalige Abrechnung über 100,00 Euro Taschengeld und beschränkte sich ansonsten darauf, der Schwester den Betreuungsbeschluss zukommen zu lassen, aus dem hervorgeht, dass er für alle Aufgabenkreise, einschließlich Entgegennahme und Öffnen der Post, eingesetzt wurde.
Die Leserin möchte u. a. wissen, ob diese betreuungsrechtlichen Maßnahmen nicht hin- und wieder überprüft werden müssen und ob der Aufgabenkreis „Entgegennahme und öffnen der Post“ auch für private Post gilt.
1.
Die Frage, ob jede Art von Post (gerade in Heimen) an den Betreuer weitergeleitet werden müssen, ist für sehr viele Betroffene und Angehörigen von grundsätzlicher Relevanz. Der Aufgabenkreis „Öffnen der Post…“ darf nur unter engen Voraussetzungen an den Betreuer übertragen werden. Ob diese Voraussetzungen weiterhin vorliegen, muss vom Betreuungsgericht innerhalb bestimmter Fristen immer wieder neu überprüft und ggf. angepasst werden. Nur wenn dieser Aufgabenkreis vorliegt, ist dies zulässig.
Zusätzlich muss aber auch innerhalb dieses Aufgabenkreises unterschieden werden: Grundsätzlich davon erfasst ist nach den Grundsätzen der Erforderlichkeit nur die Geschäftspost (Behördenpost, Rente, Vermögen usw.). Wenn auch Privatpost der Kontrolle des Betreuers unterliegen soll, muss dies besonders begründet werden. Dies ist nur in Ausnahmefällen möglich. In der Praxis ist es jedoch sehr oft so, dass der Betreuungsbeschluss zu der Unterscheidung Geschäfts- / Privatpost keine Aussage trifft. Ob diese Unterscheidung bei der Beschlussfassung vergessen wird, oder stillschweigend auf das Einfühlungsvermögen der Betreuer vertraut wird, ist uns nicht bekannt. Es muss in diesen Situationen von einem Betreuer erwartet werden können, dass er selbst versucht eine Differenzierung vorzunehmen und/oder er gemeinsam mit dem Betreuten den Postverkehr durchgeht und bespricht. Jedenfalls stellt die komplette, undifferenzierte Weiterleitung und Öffnung jeglicher Post an, bzw. durch, den Betreuer eine Verletzung des Briefgeheimnisses dar und ist deshalb rechtswidrig – wenn nicht ein besonderer Ausnahmefall festgestellt und begründet wurde.
2.
Angehörige haben es – wenn der Betreuer nicht zu einer Zusammenarbeit bereit ist – sehr schwer, Informationen über die Arbeit des Betreuers zu bekommen. Es besteht keinerlei Verpflichtung des Betreuers, mit Angehörigen zu sprechen und/oder ihnen irgendwelche Informationen über die Vermögensverwaltung, wozu auch die Zuteilung des Taschengeldes zählt, zu erteilen. Für die Angehörigen besteht hier nur der Weg über das Betreuungsgericht. Dort kann zum einen beantragt werden, Akteneinsicht in die Betreuungsakte zu erhalten um überhaupt einen Überblick über die Tätigkeit – insbesondere die Vermögensverwaltung – des Betreuers zu bekommen. Zum anderen ist das Betreuungsgericht auch die richtige Stelle, um Kritik an der Arbeit des Betreuers vorzutragen, bzw. ggf. einen Betreuerwechsel in die Wege zu leiten. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die Angehörigen sich zuvor an dem Betreuungsverfahren – am besten durch einen Antrag – als Beteiligte hinzuziehen lassen (s. § 274 FamFG).
3.
Das Betreuungsgericht überprüft spätestens alle 7 Jahre, ob die Voraussetzungen der Betreuung in dem Umfang, in dem sie angeordnet wurde, tatsächlich noch vorliegen. In vielen Fällen wird jedoch vom Betreuungsgericht schon im Betreuungsbeschluss eine kürzere Frist zur Überprüfung festgelegt. Es kann also sein, dass festgelegt wird, die Betreuungsvoraussetzungen schon nach 2 Jahren zu überprüfen. Wichtig ist, dass auch innerhalb dieser Frist die Voraussetzungen immer dann neu zu überprüfen und zu bewerten sind, wenn sich der Gesundheitszustand des Betroffenen verändert. Dadurch kann es sein, dass die Betreuung aufgehoben, beschränkt oder erweitert werden muss. Grundsätzlich sind die Betreuer dazu verpflichtet, Umstände, die den Betreuungsbedarf verändern, dem Betreuungsgericht vorzutragen und so eine Anpassung oder Aufhebung der Betreuung in die Wege zu leiten. Aus Erfahrung wissen wir aber, dass es oft nur die Angehörigen sind, die das Betreuungsgericht darauf aufmerksam machen, dass sich die Umstände des Betreuten geändert haben. In vielen Fällen werden Veränderungen in der Lebenssituation und/oder gesundheitlichen Umständen von Betreuern entweder gar nicht bemerkt oder nicht ernst genommen. Vor allem bei Betreuten, die in Heimen untergebracht sind und die von Betreuern sehr selten oder gar nicht persönlich besucht werden kommt dies vor.
4.
Betreuer sind dazu verpflichtet zum Wohl der Betreuten zu handeln und alles Erforderliche zu unternehmen, bzw. in die Wege zu leiten, um die Situation des Betreuten zu verbessern. Ziel der Betreuung ist die Rehabilitation des Betreuten, d. h. es muss in den Fällen, in denen dies möglich ist, alles dafür getan werden, dass der Betreute sein Leben wieder weitgehend – angepasst an seine persönlichen Umstände – eigenständig führen kann. Dazu gehört auch, einen Betreuten, dessen Gesundheitszustand sich verbessert hat, ggf. aus einem Heim herauszuholen und ihm z. B. durch betreute Wohnformen ein gewisses Maß an Selbstbestimmung und Freiheit zurückzugeben.