Doch wie funktioniert diese „Feststellung“, ob die Fähigkeit zur freien Willensbestimmung vorliegt oder nicht?

Es gibt zwar eine juristische Definition für den Begriff „Fähigkeit zur freien Willensbestimmung“, die in der Praxis aber erst dann weiterhilft, wenn die Fachterminologie mit „Leben“ ausgefüllt wird, was nichts anderes bedeutet als die Tatsache, dass ab diesem Zeitpunkt eine – für den Betroffenen naturgemäß  häufig sehr belastende -„Maschinerie“ in Gang gesetzt wird: Es müssen (teilweise mehrere) psychiatrische Gutachten erstellt werden:
„Der Betroffene ist dann in der Lage, seinen Willen frei zu bestimmen, wenn er noch einsichtsfähig und in der Lage ist, entsprechend dieser Einsicht zu handeln (BayObLG BtPRAX 2004, 68). Einsichtsfähigkeit liegt dann vor, wenn der Betroffene die für und gegen eine Betreuung sprechenden Argumente abwägen kann, (OLG Köln OLGReport 2006, 279), er also in der Lage ist, seine Defizite im Wesentlichen zutreffend einzuschätzen.“ (BGH FamRZ 2011, 630)
Das zu erstellende Gutachten enthält zwei Stufen, die für die Beurteilung, ob freie Willensbildung vorliegt, wichtig sind:
Zunächst muss festgestellt werden, ob eine geistige oder psychische Störung überhaupt vorliegt. Tritt diese intervallartig auf oder ist sie dauerhaft? Handelt es sich um schwere Abhängigkeit und damit verbundener Rauschzustände? Im Ergebnis ist für diese erste Stufe wichtig, dass überhaupt „eine irgendwie geartete psychische, bzw.  geistige Anomalie“ (Münchner Kommentar 2001, § 104 Rn.10) vorliegt.
Die zweite Stufe beschäftigt sich mit den durch die Krankheit verursachten Störungen und welche Auswirkungen diese auf den freien Willensentschluss der Betroffenen haben.
Es kommt in diesem Zusammenhang maßgeblich auf die Urteils- und Kritikfähigkeit des Betroffenen an. Zeigt der Betroffene sich beispielsweise einsichtig gegenüber seiner Krankheit? Kann er die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen richtig einordnen? Ist er zu einer selbstkritischen Auseinandersetzung fähig?
Wenn Betroffene z. B. keinerlei Krankheitseinsicht zeigen wird daraus, und aus der damit zusammenhängenden Uneinsichtigkeit und fehlenden Kritikfähigkeit in die erforderlichen Schlussfolgerungen in der Regel abgeleitet, dass durch die Krankheit eine freie Willensbestimmung nicht möglich ist.

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