Wenn ein Betroffener in einem Aufhebungsverfahren die Aufhebung der für ihn eingerichteten Betreuung beantragt, ist die Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens nicht obligatorisch, die §§ 278, 280 FamFG gelten nicht. Es muss für das Aufhebungsverfahren also kein neues Sachverständigengutachten erstellt werden.
Wenn aber aufgrund verschiedener denkbarer Umstände trotzdem ein Sachverständigengutachten eingeholt wird und das Gericht seine anschließende Entscheidung darauf stützt, dann muss dieses Gutachten auch den formalen Kriterien von § 280 FamFG entsprechen. Damit ist gemeint, dass der Arzt den Betroffenen dann auch persönlich untersuchen bzw. befragen muss. Wenn dies nicht geschieht, ist das Gutachten verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, damit nicht verwertbar und die darauf gestützte Gerichtsentscheidung rechtswidrig.
An der Erforderlichkeit der persönlichen Untersuchung ändert auch der Umstand nichts, dass der Betroffene sich etwa weigert, mit dem Arzt zu reden oder sich untersuchen zu lassen. In diesem Fall besteht die Möglichkeit – immer unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit – den Betroffenen zur Untersuchung vorführen zu lassen. Im Ergebnis hängt die Erstattung des Gutachtens nicht davon ab, dass eine Kommunikation zwischen Betroffenem und Arzt stattfindet. Der Sachverständige kann in einem solchen Fall aus dem Gesamtverhalten des Betroffenen in Verbindung mit anderen Erkenntnissen Schlüsse auf ein bestimmtes Krankheitsbild ziehen. In diesem Zusammenhang kann auch die Tatsache bewertet werden, wenn der Betroffene zahlreiche Schreiben – mit evtl. verwirrtem Inhalt – an das Gericht schickt. Eine Vielzahl solcher Schreiben allein rechtfertigt es aber jedenfalls nicht, nach „Aktenlage“ eine Diagnose ohne persönliche Untersuchung zu erstellen.
So hat der BGH mit seinem Beschluss vom 20. August 2014 – XII ZB 179/14 entschieden:
Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstellung des Gutachtens persönlich zu untersuchen; eine Begutachtung nach Aktenlage ist grundsätzlich nicht zulässig.
Susanne Kilisch
Wiss. Mitarbeiterin