Akteneinsicht in gerichtliche Betreuungsakte / Übersendung der Betreuungsakte an Staatsanwaltschaft / Geheimhaltungsinteresse und Geheimhaltungsanspruch des Betreuten

Die Staatsanwaltschaft hat grundsätzlich ebenso wenig Akteneinsichtsrecht in eine (komplette) Betreuungsakte wie jeder andere Dritte auch. Daran ändert auch die Gewährung von Akteneinsicht nach den Grundsätzen der Amtshilfe (Art. 35 Abs. 1 GG) nichts.  Nur dann, wenn eine Behörde ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht und andere schutzwürdige Interessen eines Beteiligten oder eines Dritten nicht entgegenstehen oder wenn die Beteiligten zustimmen, darf Einsicht in die Betreuungsakte gewährt werden. Insoweit werden Behörden genauso behandelt wie andere, am Verfahren nicht beteiligte Dritte.
Ein Anspruch auf Akteneinsicht besteht darüber hinaus nicht grundsätzlich auf den gesamten Inhalt der Betreuungsakte, sondern i. d. R. nur auf bestimmte Aktenteile, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Begründung des Akteneinsichtsantrages stehen. Ein Beispiel hierfür wären in Zusammenhang mit einem Strafverfahren z. B. ärztliche Gutachten, Berichte oder Atteste, die Auskunft über die womöglich in Frage stehende Schuldfähigkeit des Betroffenen geben könnten. Der Antrag auf Akteneinsicht muss außerdem ausreichend begründet werden, so dass die vom Gericht  vorzunehmende Interessenabwägung und Verhältnismäßigkeitsprüfung ordnungsgemäß durchgeführt werden kann.
Der Betreute hat ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung des Akteninhalts. Die Akten über ein Betreuungsverfahren unterliegen wie auch andere familiengerichtliche Akten grundsätzlich der Geheimhaltung. Dies deshalb, weil sie i. d. R. höchstpersönliche Daten sowie ärztliche Stellungnahmen oder Gutachten über den Gesundheitszustand und die persönlichen Lebensumstände des Betreuten enthalten, die ihrer Natur nach nicht gegenüber Nichtbeteiligten offengelegt werden sollen. Gerade die in Betreuungsverfahren erforderliche Offenlegung höchstpersönlicher Daten kann von den Verfahrensbeteiligten nur dann erreicht werden, wenn diese sich darauf verlassen können, dass ihre Angaben grundsätzlich vertraulich behandelt werden.
Wenn der Betroffene selbst der Übersendung der Betreuungsakte an die Staatsanwaltschaft nicht zustimmt ist eine rechtmäßige Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft nur dann möglich, wenn eine strenge Güterabwägung unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein überwiegendes Allgemeininteresse an der Akteneinsicht ergibt. (s. Beschluss OLG Köln v. 02.12.2013, AZ: 7 VA 2/13). Das Gericht muss also eine Abwägung durchführen zwischen dem mit der Akteneinsicht verfolgten Informationsinteresse und dem schutzwürdigen Interesse des Betroffenen daran, dass die im Betreuungsverfahren erlangten Erkenntnisse über seine Person und sonstigen Informationen über seine persönlichen Verhältnisse Dritten gegenüber nicht offenbart werden sollen.
16.02.2018

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