Ein sehr umstrittener Punkt ist die Frage, ob ein Vertreter des Patienten (Betreuer oder Bevollmächtigter), der, gestützt auf den ausdrücklichen oder mutmaßliche Willen des Patienten, lebenserhaltende Maßnahmen ablehnt, einer Genehmigung des Vormundschaftsgericht bedarf.
Die Enquéte-Kommission des Bundestages vertritt die Ansicht, dass unabhängig von einem Konsens oder Dissens zwischen Arzt und Betreuer in den Fällen eines Abbruchs lebenserhaltender Maßnahmen immer die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einzuholen ist.
Diese Ansicht vertritt auch Bosbach in seinem eingereichten Gesetzesentwurf.
Dabei wird jedoch zu wenig auf den Patientenwillen eingegangen. Es stellt sich doch die Frage, warum ein Patient überhaupt noch seinen Willen in einer Verfügung niederlegt, wenn dieser nicht wirklich beachtet wird und es dennoch einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf. Diese Ansicht lässt eine Patientenverfügung als überflüssig erscheinen, was nicht Sinn und Zweck einer solchen sein kann. Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein entscheidungsfähiger Patient welcher seine Entscheidung getroffen hat, auf diese Weise einen Eingriff in seine Integrität und sein Selbstbestimmungsrecht akzeptieren muss. Weiter würde die Forderung nach einer gerichtlichen Genehmigung die Gerichte derart belasten, dass diese ihre Arbeit nicht mehr adäquat erledigen könnten. Daher ist diese Ansicht im Ergebnis abzulehnen.
Der eingereichte Gesetzesentwurf Stünkers fordert hingegen keine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung, sofern eine eindeutige Patientenverfügung vorliegt. Sofern nun keine Patientenverfügung vorliegt welche umgesetzt werden kann, müssen sich Arzt und Vertreter über den tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Patienten einig werden. Gelingt dies nicht, ist eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einzuholen. Nach dieser Ansicht muss also eine gerichtliche Genehmigung nur eingeholt werden, sofern keine Verfügung vorliegt. Dabei wird jedoch verkannt, dass auch Fälle eintreten können, bei denen zwar eine Patientenverfügung vorliegt, diese jedoch sehr große Zweifel über den tatsächlichen Willen des Patienten aufkommen lässt und es im Zweifelsfall dennoch sinnvoll wäre, eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einzuholen. Daher ist auch dieser Ansicht nicht zu folgen.
Ebenso hat die Rechtsprechung in früherer Zeit für die Einstellung künstlicher Ernährung bei tödlich erkrankten Patienten eine vormundschaftliche Genehmigung gefordert. Dabei stützte sich der BGH auf die analoge Anwendung des § 1904 BGB. Gem. § 1904 BGB muss ein Betreuer bei riskanten Heileingriffen eine vormundschaftliche Genehmigung einholen. In seiner Entscheidung kam es dem BGH nicht darauf an, dass Arzt und Betreuer sich durch den mutmaßlichen Willen des Patienten gerechtfertigt sahen.
Diesem Urteil trat jedoch der XII. Zivilsenat am 17.03.2003 deutlich entgegen.
Im Wege der Rechtsfortbildung hat der BGH eine analoge Anwendung des § 1904 abgelehnt und eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nur noch in Konfliktfällen gefordert. Dabei wird unter einem Konfliktfall eine Situation verstanden, in welcher bereits mit medizinischen Maßnahmen bei einem Schwerstkranken begonnen wurde oder diese von einem Arzt zumindest angeboten wurden, diese vom Betreuer des Patienten jedoch abgelehnt werden. Demnach ist also eine vormundschaftliche Genehmigung nur erforderlich, sofern ein Dissens zwischen Arzt und Betreuer bezüglich der lebenserhaltenden Maßnahmen vorliegt. In den Fällen, in denen sich Arzt und Betreuer über den Patientenwillen einig sind, ist eine gerichtliche Entscheidung nicht erforderlich.
Jedoch stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob Betreuer und Bevollmächtigter gleich zu bewerten sind. Diese Frage hat der BGH in seiner Entscheidung nicht geklärt.
Der Deutsche Ehtikrat vertritt ein ähnliches Konfliktmodell, allerdings wird in ihrem Modell die Position der bevollmächtigten Vertrauensperson gegenüber dem staatlich bestellten Betreuer erheblich gestärkt. In ihrem Modell muss ein Bevollmächtigter bei Entscheidungen über lebensverlängernde oder verkürzende Maßnahmen keine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung mehr einholen. Dies wird darauf gestützt, dass ein Patient seine Vertrauensperson schriftlich dazu bevollmächtigt hat, über lebensverlängernde oder verkürzende Maßnahmen zu entscheiden. Somit leitet der Bevollmächtigte seine Legitimation direkt vom Patienten ab. Hingegen unterliegt der vom Staat bevollmächtigte Betreuer keiner direkten Legitimation durch den Patienten und muss folglich eine Genehmigung im Konfliktfall einholen. Aber auch nach dieser Ansicht wird für den Fall des dringenden Verdachts eines Missbrauchs durch den Bevollmächtigten die Einholung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung gefordert.
Diese Ansicht vertritt daher ebenso wie die Rechtssprechung die Meinung, dass, sofern zwischen Betreuer und Arzt ein Dissens besteht, eine gerichtliche Genehmigung eingeholt werden muss. Lediglich beim Bevollmächtigten wird von einer Einholung der Genehmigung abgesehen. Dennoch wird auch beim Bevollmächtigten bei einem Verdacht des Missbrauchs eine gerichtliche Überprüfung gefordert.
Diese Ansicht, welche nun im Konfliktfall oder bei Verdacht eines Missbrauchs der Patientenverfügung eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung fordert, lässt auf der einen Seite genug Spielraum für die Integrität und das Selbstbestimmungsrecht des Patienten, bietet aber auf der anderen Seite mit der Einbeziehung des Vormundschaftsgerichts in Zweifelsfällen einen Lösungsweg. Aber auch die unnötige Einschaltung des Gerichtes, was zu einer Verzögerung des Parteiwillens führen kann und die Gerichte überlastet, wird verhindert. Somit ist im Ergebnis dieser Ansicht zu folgen.
Hingegen dieser Ansicht, hat der Deutsche Bundestag in seinem Entwurf zum Dritten Änderungsgesetz des Betreuungsrechts in der Neufassung des § 1904 BGB deutlich gemacht, dass eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung immer dann gefordert wird, wenn zwischen Arzt und Betreuer bezüglich des Patientenwillens ein Dissens besteht. Dies gilt in ihrem Entwurf in gleicher Weise für den Bevollmächtigten. Eine hervorgehobene Stellung des Bevollmächtigten ist nicht zu erkennen. Zudem kann jedermann bei einem befürchteten Missbrauchsverdacht der Patientenverfügung das Vormundschaftsgericht einschalten.