In verschiedenen Gesprächen mit Mitarbeitern von Betreuungsvereinen wurde deutlich, dass die Intension des Gesetzgebers, eine tragende Säule des Betreuungsrechts auf ehrenamtliche Betreuer aufzubauen, leider oft an der Realität vorbeigeht. Erreicht werden soll dies durch die sog. Querschnittsaufgaben, die die Betreuungsvereine laut Gesetz zu erfüllen haben. Dabei geht es darum, planmäßig ehrenamtliche Betreuer anzuwerben, entsprechend zu instruieren und während den Betreuungsverfahren zu beraten und unterstützend zu begleiten. Manche Betreuungsvereine organisieren hierzu professionelle Informationsveranstaltungen, andere wählen den Weg der Öffentlichkeitsarbeit über Zeitungsartikel etc. und stoßen dabei in der Regel auf reges gesellschaftliches Interesse.
Erfreulicher- und vielleicht auch überraschender Weise besteht grundsätzlich kein Mangel an Menschen, die sich dazu bereit erklären, sich mit dem Thema ausführlich zu befassen und auch (Fremd-)Betreuungen zu übernehmen. Und natürlich unterstützen die Betreuungsvereine in jedem Fall, in denen geeignete Angehörige zur Verfügung stehen, die Übernahme der Betreuung durch einen (ehrenamtlichen) Angehörigen.
Das Problem dabei ist aber, dass die große Mehrheit der Betreuungsfälle inhaltlich in der Regel sehr komplex und vielschichtig und deshalb schlicht nicht geeignet sind, von ehrenamtlichen Mitarbeitern übernommen zu werden. Gerade in ländlichen Regionen ist das Engagement von Angehörigen und Ehrenamtlichen groß – nur sind die geeigneten Betreuungsfälle in der Unterzahl. Die Mitarbeiter der Betreuungsvereine bestätigen die Angaben von vielen Statistiken, nämlich dass die betreuungsbedürftigen Personen nicht mehr überwiegend alte und hilflose Menschen sind, sondern immer Jüngere, oft mit der Doppeldiagnose psychische Krankheit und Suchtproblem. Die Lebensumstände, auf die der Betreuer in diesem Zusammenhang üblicherweise trifft bringen zumindest den Ehrenamtlichen oft schnell an die Grenzen seiner Belastbarkeit. Folge dieser praktischen Erfahrungen ist, dass die Betreuungsvereine solche Fälle von vornherein lieber selbst durch ihre eigenen erfahrenen Berufsbetreuer führen. Sehr wünschenswert wäre nach Aussagen von Vereinsmitarbeitern eher, dass durch ehrenamtliche Helfer eine sog. „Zuarbeit“ stattfindet. Dass sich also Menschen finden, die nicht das Amt eines ehrenamtlichen Betreuers mit allen Rechten und Pflichten übernehmen sollen, sondern die durch unbürokratische praktische Hilfen die Arbeit des Berufsbetreuers in schwierigen Fällen unterstützen könnten und so für alle Beteiligten einen positiven Beitrag zur Betreuungsarbeit leisten könnten.
Hinzu kommt zum anderen, dass die Berufsbetreuer in den Betreuungsvereinen auf eben diese einfachen Fälle auch angewiesen sind. Denn die einfacheren Fälle sind mit relativ wenig Zeitaufwand zu bearbeiten und können zu den üblichen Pauschalen abgerechnet werden. So bleibt in der Regel – wenn auch begrenzt – noch Spielraum, die komplizierten Fälle, die viel mehr Zeitaufwand erfordern, der dann aber eigentlich gar nicht mehr vergütet werden kann, trotzdem in einem einigermaßen vernünftigen wirtschaftlichen Rahmen zu bearbeiten.
Susanne Kilisch
Wiss. Mitarbeiterin