Der Berufsbetreuer als Alleinerbe – Testament – Sittenwidrigkeit?

Ein Testament, mit dem ein(e) Berufsbetreuer(in) von der betreuten Person zur Alleinerbin eingesetzt wird, kann dann sittenwidrig sein, wenn der/die Berufsbetreuer(in) die gerichtlich verliehene Stellung und ihren/seinen Einfluss auf einen älteren, kranken und alleinstehenden Erblasser dazu benutzt, gezielt auf den leicht manipulierbaren Erblasser einzuwirken und ihn dazu zu bringen, vor einem von dem/der Berufsbetreuer(in) herangezogenen Notar in ihrem/seinem Sinne letztwillig zu verfügen.

Maßgebend sind wie immer die Umstände des Einzelfalles. Innerhalb der vorzunehmenden Gesamtwürdigung ist unter anderem beutend, ob der Erblasser sich den Wünschen der/des Berufsbetreuers aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur nicht oder kaum entziehen konnte, ob der Betreuer dies gewusst hat oder sich dieser Erkenntnis leichtfertig verschlossen hat und ob die fehlende oder geschwächte Widerstandskraft des Erblassers eigensüchtig ausgenutzt oder es darauf angelegt hat – also ob der Erblasser sich in einer Zwangslage befand, die von dem Betreuer ausgenutzt wurde (Umstandssittenwidrigkeit).

In dem vom Oberlandesgericht Celle mit Beschluss vom 09.01.2024 (AZ: 6 W 175/23) entschiedenen Fall hatte eine 92-jährige, kranke Erblasserin zwei Wochen nach Einrichtung der Betreuung die Berufsbetreuerin durch Testament zur Alleinerbin eingesetzt. Kurz zuvor war die Tochter der Erblasserin verstorben. Weitere Angehörige hatte die Erblasserin nicht.

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