Die Ermessensentscheidung des Betreuungsgerichts
Beim Betreuerwechsel ist dem Gericht nach dem Gesetzeswortlaut des § 1908 b Abs. 3 bei seiner Entscheidung Ermessen eingeräumt. Auch wenn alle Voraussetzungen für einen solchen Betreuerwechsel grundsätzlich vorliegen, ist das Gericht nicht dazu verpflichtet, den Betreuerwechsel auch tatsächlich durchzuführen.
Bei seiner Entscheidung und Abwägung muss das Gericht in besonderer Weise darauf Rücksicht nehmen, dass dem Wunsch des Betreuten hinsichtlich der Person des Betreuers besonderes Gewicht zukommt. Der Leitfaden für die Entscheidung ist der Wunsch des Betroffenen, nach diesem hat sie sich auszurichten. Um keine Fehler bei dieser Ermessensentscheidung zu machen muss sich das Gericht einerseits mit dem Wunsch des Betroffenen hinsichtlich der Person des Betreuers ausdrücklich auseinandersetzen.
Andererseits fließen aber auch Zweckmäßigkeitserwägungen und Praktikabilitätsgründe mit in die Entscheidung des Gerichts ein. Ein Argument gegen einen Betreuerwechsel kann beispielsweise sein, dass noch gerichtliche Verfahren des Betreuten anhängig sind, die der aktuelle Betreuer erst noch zu Ende führen soll.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der die Entscheidung des Gerichts beeinflussen kann, ist beispielsweise die Frage, ob in naher Zukunft eine Entscheidung über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung ansteht. Denn wenn evtl. davon auszugehen ist, dass die Betreuung insgesamt aufgehoben werden wird, stellt sich ein Betreuerwechsel unmittelbar davor als unzweckmäßig dar und würde auch nicht in gebotenem Maße den Interessen des Betreuten entsprechen.
Ist davon auszugehen, dass die Betreuung demnächst verlängert wird, muss sich das Gericht innerhalb dieses Verfahrens ohnehin mit der Person des Betreuers auseinandersetzen. Denn die Betreuerauswahl wird bei der Verlängerung der Betreuung grundsätzlich nach den Vorschriften über die Erstbestellung des Betreuers durchgeführt. In einem solchen Fall trifft das Gericht seine Entscheidung über die Person des Betreuers wieder neu nach § 1897 BGB und kann dabei dann den Vorschlag des Betreuten hinsichtlich des neuen Betreuers besonders berücksichtigen. Das Gericht kann den Antrag des Betreuten bezgl. der Entlassung des Betreuers mit seiner Entscheidung über die Verlängerung der Betreuung verbinden.
Ein zusätzliches Abwägungskriterium für die Entscheidung des Gerichts ist die Kontinuität des einzelnen Betreuungsverfahrens. Es kommt vor, dass Betreute beispielsweise nicht mit notwendigen therapeutischen Maßnahmen einverstanden sind und einen Betreuerwechsel deshalb anstreben, um möglicherweise angefangene, erforderliche Therapien nicht weiter zu verfolgen. In solchen Fällen wird das Betreuungsgericht einem Betreuerwechsel ablehnend gegenüberstehen, da das Nichterreichen therapeutischer Ziele dem Wohl des Betreuten zuwiderläuft. Der Grundgedanke ist, dass der Betreuer grundsätzlich nicht jeden Wunsch des Betreuten zu befolgen, sondern diesbezüglich auch abzuwägen hat. Der Betreute soll sich darüber nicht einfach durch einen Antrag auf Entlassung hinwegsetzen können.
Wichtig für die Entscheidung des Gerichts sind auch tatsächliche Gegebenheiten, wie z. B. das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft. Wenn ein Betreuter beispielsweise zu Hause gepflegt und betreut wird, kann es sich künftig für den Pflegenden sehr schwierig gestalten, wenn er als rechtlicher Betreuer entlassen wird. Denn es gibt viele Fälle, in denen dann die tatsächliche, praktische Betreuung erschwert wird, wenn der Betreute sich von seinem entlassenen Betreuer nichts mehr sagen lassen will.
Weiterhin werden die Ernsthaftigkeit und das Motiv des Antrags auf Entlassung des Betreuers vom Gericht genauer geprüft. Möchte der Betreute die Entlassung des Betreuers deshalb erreichen, weil er sich grundsätzlich „nichts sagen lassen will“ und sich bevormundet fühlt, wird ein Betreuerwechsel nicht die Lösung des Problems darstellen. Es kann im wohlverstandenen Eigeninteresse des Betreuten liegen, seinen Wünschen keine „überragende Bedeutung“ beizumessen (BayObLG FamRZ 2003, 784).
Susanne Kilisch
Wiss. Mitarbeiterin