Eine ältere, vermögende Dame hat mittels einer Vorsorgevollmacht ihre drei Töchter zu Generalbevollmächtigten bestimmt.
Aufgrund finanzieller, familieninterner Streitigkeiten der Töchter untereinander, wurde von einer Tochter durch einen Anwalt schließlich bei Gericht angeregt, für die Mutter einen gesetzlichen Betreuer zu bestellen. Sie sei nicht mehr in der Lage, ihre vermögensrechtlichen Angelegenheiten selbständig zu regeln, sie sei verwirrt und damit geschäftsunfähig. Daraufhin wurde die völlig überrumpelte Dame, die bisher ohne fremde Hilfe ihre Angelegenheiten sehr wohl selbst besorgen konnte, gegen ihren Willen unter Betreuung gestellt. Und dies in der Weise, dass der Betreuer für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge und diesbezüglichem Einwilligungsvorbehalt bestellt wurde. Gegen die Betreuung hat sich die Betroffene bis jetzt erfolglos gewehrt.
Besonders besorgniserregend sind die vielen Einzelheiten, die in diesem Fall aufzeigen, in welcher Weise das Betreuungsrecht für die Interessen von Angehörigen instrumentalisiert wird und wie ignorant das Gericht bei der Suche nach dem „Wohl“ der Betreuten vorgehen kann.
Zunächst hatte der Anwalt, der von der einen Tochter mit der Anregung der Betreuung beauftragt wurde, einen alten Studienkollegen von sich als Berufsbetreuer bei Gericht vorgeschlagen. Die ältere Dame hatte während des Verfahrens einen anderen Betreuer gewünscht und vorgeschlagen, dies wurde vom Gericht allerdings ignoriert, obwohl das Betreuungsrecht regelt, dass diesem Wunsch zu entsprechen gewesen wäre. Damit wurde der Bekannte des Anwalts der Tochter zum Betreuer bestellt.
Außerdem wurde die damals aus gutem Grund und nach reiflicher Überlegung verfasste Vorsorgevollmacht, die ja gerade die Möglichkeit/Notwendigkeit einer Betreuungseinrichtung verhindern sollte, vom Gericht als unwirksam erachtet. Woher das Gericht diese Erkenntnis nahm, bleibt schleierhaft, da der damals involvierte Notar und ein ärztliches Attest der Hausärztin die Geschäftsfähigkeit der älteren Dame zu diesem Zeitpunkt bestätigten.
Was dann innerhalb dieses Verfahrens auf die ältere Dame zukam, schwächte ihren bis dahin altersgerecht gesunden Zustand zusehends. Stundenlange Befragungen durch das Gericht, die Erstellung zahlreicher psychiatrischer Sachverständigengutachten verwirrten sie immer mehr. Zu erwähnen ist hier noch, dass das erste psychiatrische Gutachten der Betroffenen einen geistig einwandfreien Zustand bestätigte, was also gegen die Einrichtung einer Betreuung gesprochen hätte. Erst nachdem die Tochter, die die Betreuung anregte, mit dem Gutachter Kontakt aufnahm, erstattete dieser ein Ergänzungsgutachten. Dies hatte zum Inhalt, dass die Einrichtung einer Betreuung erforderlich sei.
Mit der Zeit wurde die Betroffene so verunsichert, verängstigt und traurig über das Verhalten ihrer Tochter, dass sie ihre bis vor dem Betreuungsverfahren noch vorhandene Selbständigkeit immer mehr einbüßte.
Hinzu kam, dass der Betreuer seine Aufgaben nicht pflichtgemäß wahrnahm, so wurden Rechnungen nicht fristgerecht beglichen, die Betroffene bekam trotz mehrmaliger Aufforderung keine Kontoauszüge überreicht, ihre Scheckkarte wurde gesperrt und wichtige Abrechnungen wurden falsch datiert. Ein persönlicher Kontakt zwischen dem Betreuer und der älteren Dame bestand nahezu überhaupt nicht.
Obwohl die Betroffene sich mehrmals an das Gericht mit dem Wunsch gewandt hatte, den Betreuer wenigstens zu wechseln, wurde auch dieses Anliegen abgelehnt.
Susanne Kilisch