Vor der Bestellung eines Betreuers muss ein Sachverständigengutachten über die Notwendigkeit dieser Maßnahme eingeholt werden, § 280 FamFG.Das Gesetz hat die Art und Weise der Gutachtenerstellung nicht vollumfänglich, jedoch immerhin teilweise geregelt.
Umso erschreckender erscheint die Tatsache, dass immer wieder Fälle bekannt werden, in denen betreuungsrechtliche Gutachten verfahrensfehlerhaft erstellt werden – eventuell mit immensen Folgen für die Betroffenen, die sich dann u. U. in einer gerichtlichen Betreuungssituation wiederfinden.
Was, wenn der Betroffene (unabhängig von welcher Diagnose) als Patient in einer Klinik aufgenommen wurde und die Ärzte dort entscheiden, dass er sofort untersucht werden soll, damit ein Sachverständigengutachten zur Einleitung eines Betreuungsverfahrens erstellt werden kann? Muss der Betroffene sich dann gegen seinen Willen untersuchen lassen?
In seiner Wohnung z. B. darf der Betroffene nicht gegen seinen Willen von einem Sachverständigen untersucht werden. Hierfür gibt es keine Rechtsgrundlage. Eine Erstellung eines Gutachtens nach telefonischer Befragung oder Inaugenscheinnahme des Betroffenen am Fenster, im Flur oder aus völlig anderem Anlass genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht (Jurgeleit, § 280, Rn. 18 FamFG).
Deshalb ist es auch nicht nachvollziehbar, weshalb dann eine Untersuchung gegen den Willen des Betroffenen im Krankenhaus zulässig sein soll. Als Patient in einem Krankenhaus befindet er sich in einem geschützten Bereich, soweit dies in dieser Situation eben möglich ist. Zwar kann dies nicht direkt mit dem privaten geschützten Bereich seiner Wohnung verglichen werden. Trotzdem wird durch ein solches Verhalten in erheblichem Maße in seine Rechte eingegriffen.
Der Betroffene hat z. B. entsprechend § 12 FamFG das Recht, zu der Untersuchung einen Verfahrensbevollmächtigten als Beistand mitzubringen. Außerdem könnte in einem normalen Verfahren der Sachverständige unter Umständen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Diese Rechte werden ihm abgeschnitten, wenn er als Patient in einer Klinik liegt und dort plötzlich und unerwartet einem Arzt gegenübersteht, der in zum Zwecke eines betreuungsrechtlichen Verfahrens begutachten möchte.
Den Fall, dass der Betroffene sich einer ärztlichen Untersuchung verweigert, hat der Gesetzgeber aus gutem Grund explizit in den §§ 293, 294 FamFG geregelt. Danach besteht die Möglichkeit der Vorführung des Betroffenen zur Untersuchung oder der Unterbringung in einer Klinik zur Begutachtung und Untersuchung. In beiden Fällen ist eine gerichtliche Anordnung notwendig. Ein relativumfassendes gerichtliches Verfahren, in dessen Verlauf der Betroffene dazu anzuhören ist, ist also Voraussetzung um eine solche Untersuchung durchzuführen. Diese gesetzlichen Regelungen und Wertungen, mit denen letztlich das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gewahrt werden soll, dürfen nicht einfach umgangen werden, indem gleich im Krankenhaus um Zeit zu sparen ein Gutachten gefertigt wird, obwohl der Betroffene dies verweigert.