BGH, Beschl. v. 21.11.2012 – XII ZB 296/12
Hat das Betreuungsgericht vor Anordnung der Betreuung kein Sachverständigengutachten gem. § 280 FamFG eingeholt und liegt keine Ausnahme hierzu gem. §§ 281, 282 FamFG vor, gebietet die Amtsermittlungspflicht des Gerichtes im Verfahren auf Aufhebung der Betreuung die Einholung eines Sachverständigengutachtens, das den Anforderungen des § 280 FamFG entspricht.
In diesem Fall wollte die Betroffene die Aufhebung der für sie eingerichteten gerichtlichen Betreuung erreichen. Das Gericht hatte nach Einholung einer ärztlichen Stellungnahme für die Betroffene einen Betreuer bestellt. Gegen diese Betreuung hatte sich die Betroffene mit einem Schreiben an das Gericht gewandt. Nach Einholung einer weiteren (mündlichen) Stellungnahme einer sachverständigen Ärztin hatte das Gericht den Antrag auf Aufhebung der Betroffenen zurückgewiesen. Auch das Beschwerdegericht, an das sich die Betroffene darauf gewendet hatte, hat die Aufhebung der Betreuung zurückgewiesen.
In der darauf von der Betroffenen eingelegten Rechtsbeschwerde stellte der BGH klar, dass das Beschwerdegericht im Hinblick auf ein fehlendes Sachverständigengutachtengegen seine Amtsermittlungspflicht aus § 26 FamFG verstoßen hat.
Denn die ärztlichen Stellungnahmen genügen den Anforderungen des Gesetzes nicht. Das vom Gesetz geforderte Sachverständigengutachten soll dem Gericht die Möglichkeit geben, die von den Ärzten gezogenen Schlussfolgerungen auf ihre wissenschaftliche Begründung, innere Logik und Schlüssigkeit überprüfen zu können.
Demnach hätte das Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens veranlassen müssen. Denn zunächst hatte das Betreuungsgericht schon vor Anordnung der Betreuung auf die Einholung eines förmlichen Sachverständigengutachtens verzichtet. Zwar war die Betroffene ursprünglich mit der Bestellung eines Betreuers einverstanden. Allerdings heißt das nicht, dass sie auch auf eine sachverständige Begutachtung ihres Zustandes verzichtet hat, des Weiteren wäre in diesem Fall im Hinblick auf den Umfang der Betreuung die Erstellung eines Sachverständigengutachtens auch nicht unverhältnismäßig gewesen. Das Betreuungsgericht und das Beschwerdegericht haben ihre Entscheidungen allein auf die persönliche Anhörung der Betroffenen und der im Rahmen der Anhörungen eingeholten Stellungnahmen eines Sachverständigen und einer Ärztin in Übereinstimmung mit der medizinischen Einschätzung eines Oberarztes gestützt.
Allein diese Ermittlungen und Ausführungen sind aber nicht dazu geeignet, die medizinischen Voraussetzungen für die Betreuung zu begründen. Denn in Hinblick darauf, welchen massiven Eingriff die Betreuung in die Freiheitsrechte der Betroffenen darstellt, ist eine sorgfältige Sachverhaltsaufklärung unerlässliche medizinische Voraussetzung einer Betreuerbestellung.