Eine Kontrollbetreuung ist trotz Vorsorgevollmacht dann möglich, wenn ein konkretes Überwachungsbedürfnis besteht. Bei einer Vollmacht zugunsten von Eltern, Ehegatten oder Abkömmlingen ist das Überwachungsbedürfnis jedoch aufgrund des Näheverhältnisses geringer:
Nach herrschender Auffassung darf ein Betreuer zur Überwachung des Bevollmächtigten nur bestellt werden, wenn auf Grund der Umstände des Einzelfalles ein konkretes Bedürfnis für die Überwachung besteht (OLG Schleswig FGPrax 2004, 70). Hierfür genügt der konkrete, d.h. der durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird (Palandt/Diederichsen BGB 65. Aufl. § 1896 Rn. 21). Ein Überwachungsbedürfnis in diesem Sinn ist etwa gegeben, wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen, z.B. wegen eines vorangegangenen Verhaltens des Bevollmächtigten (OLG Köln FamRZ 2000, 909 [Ls.]; LG München I FamRZ 1998, 923). Das Bestehen solcher Bedenken ist aber nicht zwingende Voraussetzung (BayObLG FamRZ 1999, 1302). Ein Überwachungsbedürfnis kann vielmehr auch zu bejahen sein, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil die zu besorgenden Geschäfte von besonderer Schwierigkeit und/oder besonderem Umfang sind (OLG Schleswig aaO; BayObLG FamRZ 1994, 1550; BayObLG FamRZ 1999, 151; OLG Köln aaO). Dabei wird auch die Nähebeziehung zwischen dem Betroffenen und dem Bevollmächtigten eine Rolle spielen. So geht z.B. das Gesetz davon aus, das bei Betreuungen durch die Eltern, den Ehegatten oder einen Abkömmling ein geringeres Überwachungsbedürfnis besteht (vgl. § 1908i i.V.m. § 1857a BGB; BayObLG FamRZ 2005, 1777). Bei erheblichen Zweifeln an der Redlichkeit des Bevollmächtigten und daran, dass eine Vermögensgefährdung durch einen Überwachungsbetreuer abgewendet werden kann, ist ein Vollbetreuer einzusetzen (BayObLG FamRZ 2001, 1402; FamRZ 2003, 1219).
-Entscheidung des OLG München 33. Zivilsenat, 27.10.2006, Aktenzeichen 33 Wx 159/06-