Interviewpartner:
Dr. Volker Thieler, Vorstandsvorsitzender der Kester-Haeusler-Stiftung und Leiter der
juristischen Forschung
Weitere Fachgebiete: Betreuungsrecht, Vorsorgevollmachtsrecht, Erbrecht
Professor für Immobilien- und Mietrecht
Thema: Notvertretungsrecht für Ehegatten ab Januar 2023
Um was geht es?
Ab 01. Januar 2023 tritt die Reformierung des Betreuungsrechts in Kraft. Bisher galt, dass
sich Ehepartner nur dann rechtlich gegenseitig vertreten können, wenn eine entsprechende
Vorsorgevollmacht vorliegt. Das soll sich mit der Reformierung des Betreuungsrechts ab
Januar 2023 nun ändern. Ab 01.01.2023 tritt der § 1358 BGB in Kraft, der es nun ermöglicht,
dass sich Ehegatten im Notfall für maximal sechs Monate gegenseitig vertreten können.
Welche Chancen, aber auch Risiken damit verbunden sind, will pflege.de mit Herrn Professor
Dr. Thieler klären.
Frage:
Sie sind Vorsitzender des Forschungsinstitutes der Kester-Haeusler-Stiftung für
Betreuungsrecht und machen auf Missstände in Sachen Betreuungsrecht aufmerksam.
Warum war es notwendig das Betreuungsrecht neu zu gestalten bzw. zu erweitern?
Frage:
Kann die Reformierung möglicherweise nun dazu führen, dass viele Ehepaare sich in
Sicherheit wiegen und auf eine Vorsorgevollmacht verzichten? Was könnte das für
Konsequenzen haben?
Frage:
Das Recht der Ehegatten auf gegenseitig Betreuung gilt für nur maximal sechs Monate. Ab
wann gilt die Frist von sechs Monaten? Wird sie irgendwo festgehalten und wer kontrolliert
das in der Praxis?
Frage:
In § 1358 BGB: Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der
Gesundheitssorge, Absatz 3 ist festgelegt, dass ein Ehegatte über freiheitsentziehende
Maßnahmen, wie z.B. die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung, nur über die
Dauer von sechs Wochen entscheiden kann. Was passiert, wenn der Ehepartner aber länger
dort verweilen muss?
Frage:
Können wir davon ausgehen, dass die Ärzteschaft über diese neue Regelung informiert ist?
Wenn das nicht der Fall ist, was können betroffene Ehepartner tun?
Frage: Haben Sie vielleicht zum Abschluss eine Empfehlung bzw. einen Rat für unsere Leser
in Bezug auf das Betreuungsrecht?