Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Menschenrechtsbeschwerde vor den Vereinten Nationen

Will man gegen einen Staat eine Individualbeschwerde wegen Verletzung eines Menschenrechts aus dem Internationalen Pakt für Bürgerliche und Politische Rechte (IPBPR) erheben, ist als erstes zu prüfen, ob dieser Staat das 1. Fakultativprotokoll, das den Mechanismus der Individualbeschwerde enthält, ratifiziert hat. Nach letzten Auskünften haben jedoch 116 Staaten von weltweit anerkannten 193 Staaten das 1. Fakultattivprotokoll ratifiziert, darunter auch Deutschland.

Zuständig für die Menschenrechtsbeschwerde eines Bürgers vor den Vereinten Nationen ist der Menschenrechtsausschuss. Der Ausschuss nimmt die Mitteilung von Einzelpersonen entgegen, die behaupten, Opfer einer Verletzung eines in dem Pakt niedergelegten Rechts zu sein. Die Beschwerde muss schriftlich beim UN Menschenrechtsausschuss eingereicht werden. Der Beschwerdeführer muss alle ihm zur Verfügung stehenden innerstaatlichen Rechtsbehelfe erschöpft haben (Art. 2 des 1. Fakultativprotokolls zum IPBPR). Eine Ausnahme ist nur dort möglich, wo das Verfahren bei der Anwendung der Rechtsbehelfe unangemessen lange gedauert hat (Artikel 5).

Anonyme Beschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen. Auch darf eine Mitteilung nicht rechtsmissbräuchlich sein (Artikel 3).

Wird eine Beschwerde zur Entscheidung angenommen, hat der betroffene Staat dem Ausschuss innerhalb von sechs Monaten schriftliche Erklärungen oder Stellungnahmen zur Klärung der Sache zu übermitteln und die gegebenenfalls von ihm getroffenen Abhilfemaßnahmen mitzuteilen (Artikel 4).

Der Ausschuss berät über Beschwerdemitteilungen ausschließlich in nichtöffentlicher Sitzung. Am Ende des Verfahrens teilt der Ausschuss seine Auffassungen dem betroffenen Vertragsstaat und der Einzelperson mit.

Bei Hinterlegung der Beitrittsurkunde hat Deutschland den folgenden Vorbehalt angebracht: »Die Bundesrepublik Deutschland bringt einen Vorbehalt im Hinblick auf Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a dahingehend an, dass die Zuständigkeit des Ausschusses nicht für Mitteilungen gilt,
a) die bereits in einem anderen internationalen Untersuchungs- oder Streitregelungsverfahren geprüft wurden, ?b) mit denen eine Rechtsverletzung gerügt wird, die in Ereignissen vor dem Inkrafttreten des Fakultativprotokolls für die Bundesrepublik Deutschland ihren Ursprung hat, oder ?c) mit denen eine Verletzung des Artikels 26 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte gerügt wird, wenn und soweit sich die gerügte Verletzung auf andere als im vorgenannten Pakt garantierte Rechte bezieht.«

Artikel 26 des Pakts enthält den Gleichheitsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot.

Eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist meiner Ansicht nach – aufgrund besserer Durchsetzungsmechanismen und der Verfassung eines Urteils – wesentlich effektiver als eine Menschenrechtsbeschwerde vor dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen. Dieser wird sich eben auch nur mit einer Sache befassen, wenn sie vor keinem anderen internationalen Gericht anhängig ist.

Allerdings ist die weltweite ggf. auch mediale Reichweite einer solcher Beschwerde ein Druckmittel, das die bestehende Schwäche – nämlich, dass der Menschenrechtsausschuss lediglich seine Auffassung mitteilt – ein wenig ausgleicht.

Patricia Richter
Rechtsanwältin, LL.M.
Studienschwerpunkt: Europäischer und internationaler Menschenrechtsschutz

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