Steht dem Vorsorgebevollmächtigten ein eigenes Beschwerderecht zu, wenn trotz Vollmacht eine Betreuung angeorndet wurde?

In diesem Zusammenhang gibt es einen erwähnenswerten praktischen Fall, der zeigt, wie willkürlich und unvorhersehbar das oft kritisierte Betreuungsrecht in die Rechte und damit in das Leben der Betroffenen eingreifen kann.
Es ging dabei um eine ältere, an Demenz leidende Dame. Sie hatte schon früh ihrer Schwester und deren Mann eine wirksame Vorsorgevollmacht erteilt, die unter anderem der Vermeidung einer Betreuung dienen sollte.
Mit fortschreitender Krankheit lebte die Betroffene in einer privaten Pflegeeinrichtung, die von einem Ehepaar betrieben wurde und in der sie und eine weitere Frau in Vollzeit versorgt und betreut wurden. Zwischen den Vorsorgebevollmächtigten und der Betreiberin der Pflegeeinrichtung kam es zu Differenzen im Zusammenhang mit der Pflegesituation.

Der Umgangston gegenüber der Betroffenen war oft laut und aggressiv, die Betreiberin der Pflegeeinrichtung wirkte zunehmend überfordert. Die Vorsorgebevollmächtigten waren besorgt und beabsichtigten, die Betroffene in eine andere Pflegeeinrichtung zu verlegen. Als die Betreiberin von dieser Absicht erfuhr, ging sie zum zuständigen Amtsgericht und regte dort an, dass eine Betreuung für die Betroffene eingerichtet werden müsse, weil die Vorsorgebevollmächtigten angeblich nicht in der Lage seien, die Vorsorgevollmacht im Interesse der Betroffenen auszuüben. Da nach geltender Rechtslage jeder dazu berechtigt ist, die Betreuung einer Person bei Gericht „anzuregen“ (s. o.), war die Folge, dass – trotz wirksamer Vorsorgevollmacht! – über die Wünsche und Belange der Betroffenen hinweg vom Gericht eine Betreuung eingerichtet wurde. Die Schwester und deren Mann hatten ab diesem Zeitpunkt als Vorsorgebevollmächtigte keine Vertretungs- und Handlungsbefugnis mehr – alle Entscheidungen hinsichtlich der Gesundheitsfürsorge und der Frage der Aufenthaltsbestimmung der Betroffenen liegen seit dem allein in der Hand des vom Gericht bestellten (fremden) Betreuers.
Daraufhin legte der Vorsorgebevollmächtigte Rechtsbeschwerde gegen den Betreuungsbeschluss des Amtsgerichtes ein mit dem Ziel, dass die Betreuung für die Betroffene wieder aufgehoben wird und – wie von der Betroffenen von Anfang an gewünscht- er und seine Frau wieder als Vorsorgebevollmächtigte vertretungs- und handlungsbefugt werden. Diese Rechtsbeschwerde hatte aber deshalb keinen Erfolg, weil der Bevollmächtigte diese nicht im Namen der Betroffenen eingelegt hatte, sondern in eigenem Namen. Der Vorsorgebevollmächtigte ist aber nach geltender Rechtslage nicht berechtigt, im eigenen Namen gegen einen die Betreuung anordnenden Beschluss Beschwerde einzulegen. Es fehlt ihm die dafür notwendige Beschwerdebefugnis. Damit war die Beschwerde unzulässig und wurde abgewiesen – ohne jede inhaltliche Prüfung. Die Betroffene Dame steht seitdem also unter (Fremd)Betreuung, wird noch von demselben (kritisierten) Pflegedienst betreut, und dessen wirtschaftliche Interessen sind gesichert, weil der Betreuer mit den Leistungen des Pflegedienstes zufrieden ist und eine Verlegung der Betroffenen in eine andere Einrichtung nicht erwägt.
Im Gesetzgebungsverfahren zum Betreuungsrecht wurde darüber diskutiert, dem Vorsorgebevollmächtigten ein eigenes, gesetzliches Beschwerderecht zuzusprechen. Es wurde aber letztendlich nicht umgesetzt.

 

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