Neues zur „Angehörigenstellvertretung“

Angehörige, Ehegatten oder Lebenspartner sind nach der geltenden Rechtslage ohne entsprechende Vollmacht bisher nicht dazu befugt, ein handlungsunfähiges Familienmitglied gesetzlich zu vertreten, d. h. Entscheidungen hinsichtlich gesundheitlicher, finanzieller Fragen etc. für den Angehörigen zu treffen. Es existiert kein sogenanntes „Angehörigenstellvertretungsrecht“. Schon mehrfach hat sich die Kester-Haeusler-Stiftung unter dem Stichwort „Angehörigenvertretung“ mit diesem Thema auseinander gesetzt. Nach wie vor ist die Frage einer Angehörigenvertretung in der aktuellen Diskussion, denn ein Reformbedarf ist unumstritten erforderlich. Untersuchungen zeigen, dass eine große Zahl der Bürger es gerne hätte, dass sie im „Fall der Fälle“ von ihrem Ehe-/Lebenspartner vertreten werden. Zudem wurde in Untersuchungen festgestellt, dass es unter den Bürgern immer noch die weit verbreitete Ansicht gibt, dass in einem Notfall der Ehe-/Lebenspartner sowieso stellvertretungsberechtigt wäre. Dies ist aber bis jetzt nicht der Fall.
Eine schwierige Frage ist aber, wie eine solche Stellvertretung  gesetzlich gestaltet werden soll, bzw. welche Reichweite sie eigentlich haben soll. Denn sie ist auch mit vielen Unwägbarkeiten und Belastungen für alle Beteiligten verbunden. Nicht alle Meinungen gehen dahin, es als richtig anzusehen, Angehörige und/oder Lebenspartner eine solche – im Einzelfall unter Umständen sehr schwierige – Verantwortung aufzubürden.
Inzwischen ist ein neuer Gesetzesentwurf zu diesem Thema von einigen Bundesländern erarbeitet  und als Gesetzesantrag eingebracht worden. Der Bundesrat wird sich am 14.10.2016 damit befassen.
Inhaltlich geht es bei diesem neuen Gesetzentwurf darum, dass für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner (dagegen nicht für Kinder oder sonstige Verwandte) die „Annahme einer gesetzlichen Bevollmächtigung“ geschaffen werden soll. Der Ehegatte/Lebenspartner soll dadurch denselben Bindungen unterliegen wie ein durch Vorsorgevollmacht gestellter Bevollmächtigter. Nach dem Gesetzesentwurf soll die geplante Bevollmächtigung für die Bereiche Gesundheitssorge und in der Fürsorge dienenden Angelegenheiten gelten wenn der Betroffene nicht mehr handlungsfähig ist und wenn er nicht durch eine Vorsorgevollmacht vorgesorgt hat und auch bisher keine gesetzliche Betreuung besteht. Es geht also um solche Fälle, in denen die Betroffenen nach Unfall oder nach schwerer Krankheit nicht mehr handlungsfähig sind und zuvor keine Vorsorge durch die Erstellung einer Vollmacht geschaffen haben. Die geplante „Annahme einer gesetzlichen Vollmacht“ soll sich also nicht auf alle möglichen Lebensbereiche beziehen, sondern sich nur auf die Bereiche Einwilligung/Nichteinwilligung in Untersuchungen des Gesundheitszustandes, in Heilbehandlungen und in ärztliche Eingriffe, Entgegennehmen der ärztlichen Aufklärung, Abgabe und Annahme von Willenserklärungen hinsichtlich ärztlicher Behandlungsverträge und sonstiger Verträge, die für die medizinische Versorgung, Pflege, Betreuung oder Rehabilitation erforderlich sind, Entscheidungen über freiheitsentziehende Maßnahmen, Entgegenahme und Öffnen der Post des anderen (Ehe-)partners erstrecken. Eine Bevollmächtigung für vermögensrechtliche Angelegenheiten wird in dem Gesetzesentwurf nicht erwähnt.
Dies alles unter der Voraussetzung, dass die Ehe-/Lebenspartner nicht getrennt leben und/oder der Ehe-/Lebenspartner einer solchen Vertretung nicht widersprochen, bzw. einen entgegenstehenden Willen geäußert hat.

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