Betreuungsrechtsreform – Änderungen in Bezug auf die Geeignetheit des Bevollmächtigten?

Die Errichtung einer Vorsorgevollmacht lässt die Erforderlichkeit der Einrichtung einer Betreuung i. d. R. entfallen. Wenn aufgrund bestimmter Umstände durch das Betreuungsgericht überprüft werden muss, ob trotz Vorsorgevollmacht eine Betreuung einzurichten ist, stellt sich in aller Regel die Frage nach der „Geeignetheit“ des Bevollmächtigten.

Vor der Reform des Betreuungsrechts galt für den Bevollmächtigten, dass durch ihn die Angelegenheiten des Vollmachtgebers „ebenso gut“ besorgt werden mussten, wie durch einen Betreuer. Seit dem 01.01.2023 müssen die Angelegenheiten nun „gleichermaßen“ besorgt werden können. Was ist der Unterschied? Tatsächlich handelt sich damit nur um eine Klarstellung, dass eine vergleichbare Besorgung der Angelegenheiten durch die bevollmächtigte Person gewährleistet sein muss.

Besonders praxisrelevant wird auch nach der Reform die Frage sein, ob der Bevollmächtigte die Vollmacht missbraucht, indem er sie nicht entsprechend der Vereinbarung und/oder nicht entsprechend den Wünschen oder mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers ausübt und sich dadurch als ungeeignet erweist. Insbesondere in Fällen, in denen Vollmachtgeber krankheitsbedingt leicht zu beeinflussen, steuerbar und unter Druck zu setzen sind, kann die Feststellung der Ungeeignetheit aufgrund nachhaltiger Manipulationen äußerst schwierig bis unmöglich sein. Hintergrund sind oft tiefgreifende, teilweise weit in der Vergangenheit liegende familiäre Konflikte.

Mit Beschluss v. 15.06.2022 (XII ZB 85/22) hat der BGH entschieden, dass sich die Ungeeignetheit eines Bevollmächtigten auch aus der Befürchtung ergeben kann, dass er sich bei seinen Entscheidungen durch seinem gegenüber dem Betroffenen bestehenden Groll leiten lässt. Die Einrichtung einer Betreuung  trotz Vorsorgevollmacht kann unter diesen Umständen deshalb durchaus erforderlich sein.

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