Betreuungsrecht in Liechtenstein – Sachwalterschaft

Die gesetzliche Betreuung wird in Liechtenstein als Sachwalterschaftsverfahren bezeichnet. Die Einleitung eines Sachwalterschaftsverfahrens wird i. d. R. von Angehörigen, einer Behörde oder einer sozialen Einrichtung, in der der Betroffene untergebracht ist, angeregt. Auch der Betroffene selbst kann dieses Verfahren anregen.
Zuständig dafür ist das Landgericht Vaduz.
Wichtig ist, dass die Bestellung eines Sachwalters gegenüber der gesetzlichen Angehörigenvertretung und/oder gegenüber einer Vorsorgevollmacht nachrangig ist.
Verfahrensablauf:
Zunächst verschafft sich das Gericht bei der sog. Erstanhörung einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen. Die Erstanhörung dient dem Ziel, den Betroffenen (und evtl. begleitende Angehörige) über den Grund, den Zweck und den weiteren Verfahrensablauf zu unterrichten. Im Zuge dessen entscheidet das Gericht, ob das Verfahren fortgesetzt wird, d. h. ob die Einrichtung einer Sachwalterschaft für den Betroffenen

erforderlich ist.
Für den Betroffenen wird zur Wahrung seiner Interessen ein Verfahrenssachwalter bestellt. Meist handelt es sich dabei um Rechtspraktikanten. Der Betroffene kann aber auch selbst einen Verfahrenssachwalter, d. h. einen Rechtsanwalt, beauftragen.
Des Weiteren wird i. d. R. ein Gutachter durch das Gericht beauftragt, der den Betroffenen untersucht und ein Sachverständigengutachten erstellt. Dieses wird in der mündlichen Verhandlung im Beisein des Verfahrenssachwalters von den Beteiligten erörtert, es kann eine Stellungnahme dazu abgegeben werden.
Die Sachwalterbestellung erfolgt durch richterlichen Beschluss. Das Gericht entscheidet über die Person des Sachwalters, maßgeblich ist hierbei das Wohl des Betroffenen. In der Regel werden Angehörige oder nahestehende Personen als Sachwalter eingesetzt. In den Fällen, in denen solche Personen nicht zur Verfügung stehen oder wenn das Verfahren spezielle Anforderungen beinhaltet wird ein Sachwalterverein bestellt. Rechtsanwälte oder Notare werden dann als Sachwalter bestellt, wenn es sich bei dem Unterstützungsbedarf des Betroffenen überwiegend um rechtliche Dinge geht.
Jede Person kann schon im Vorfeld eine Sachwalterverfügung treffen. Dabei handelt es sich um eine der deutschen Betreuungsverfügung ähnliche Regelung. Damit kann vorsorglich festgelegt werden, wer im Fall des Eintritts der Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit als Sachwalter bestellt werden soll. Die Sachwalterverfügung erfordert keine besondere Form. Sie kann im Zentralen Vertretungsverzeichnis beim Fürstlichen Landgericht registriert werden. Wenn es zu einem Sachwalterverfahren kommt muss das Gericht sich darüber kundig machen, ob eine Sachwalterverfügung (oder eine Vorsorgevollmacht) vorliegt.
Der Sachwalter ist gesetzlicher Vertreter des Betroffenen. Seine Aufgaben bestehen darin, zum Wohl des Betroffenen zu handeln und seine Interessen zu wahren und zu vertreten.
Mögliche Aufgabenbereiche/Aufgabenkreise:
Vertretung vor Behörden und Ämtern, Sozialversicherung
Einkommens-/Vermögensverwaltung: Das Einkommen muss dazu verwendet werden, die Bedürfnisse des Betroffenen, die seinen Lebensverhältnissen entsprechen, zu decken.
Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche
Gesundheitssorge (Zustimmung zu medizinischen Behandlungen): Wenn der Betroffene nicht selbst einsichts- und urteilsfähig ist was medizinische Versorgung oder Behandlung angeht, so gehört es zu den Pflichten des Sachwalters, sich in gebotener Weise von den Ärzten informieren zu lassen um in der Folge die Zustimmung oder Ablehnung der medizinischen Maßnahme zu erteilen.
Personensorge: Es besteht die Pflicht, persönlichen Kontakt zu dem Betroffenen zu halten. Er muss sich über die Lebensumstände des Betroffenen informieren, damit er ggf. geeignete Maßnahmen einleiten und organisieren kann.
Die Aufgabenkreise werden vom Gericht festgelegt.
Besonders bemerkenswert ist, dass der Betroffene innerhalb der Aufgabenkreise, für die ein Sachwalter bestellt wurde, automatisch nicht mehr geschäftsfähig ist, d. h. er kann innerhalb dieser Bereiche keine Verträge mehr abschließen und/oder Verpflichtungen eingehen. Tut er dies doch, so ist der Vertrag bis zur (auch stillschweigend möglichen) Genehmigung durch den Sachwalter schwebend unwirksam. Geringfügige Geschäfte des täglichen Bedarfs kann der Betroffene allerdings trotzdem wirksam abschließen (z. B. Lebensmitteleinkauf).
Innerhalb der Lebensbereiche, für die keine Sachwalterschaft besteht (also keine Aufgabenkreise angeordnet wurden) bleibt der Betroffene voll geschäftsfähig.
Die Sachwalterschaft kann bei entsprechender Änderung der Lebensumstände eingeschränkt, erweitert oder aufgehoben werden.

Besonderheit gegenüber deutschem Recht:
Der Sachwalter ist zur Verschwiegenheit verpflichtet – auch gegenüber Familienangehörigen. Die Verschwiegenheitspflicht gilt nur dann nicht, wenn Auskünfte unumgänglich sind.

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