Die Vorführung im Betreuungsrecht und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen

Die zwangsweise Vorführung von Betroffenen zu Anhörungen und Untersuchungen stellt einen schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen dar, welche nicht selten mit einer Verletzung des Art. 13 Abs. 1 und 2, der Unverletzlichkeit der Wohnung, verbunden ist.

Das Betreuungsrecht kennt mehrere Fälle der Vorführung:

  • Vorführung zur persönlichen Anhörung des Betroffenen vor Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes (§ 278 Abs. 5 FamFG);
  • Vorführung des Betroffenen zur Untersuchung zur Vorbereitung eines Sachverständigengutachtens (§ 283 FamFG);
  • Vorführung des Betroffenen zur Unterbringung und Beobachtung, soweit dies zur Vorbereitung eines Gutachtens erforderlich ist (§ 284 FamFG);
  • Vorführung zur persönlichen Anhörung des Betroffenen vor einer Unterbringungsmaßnahme (§ 319 Abs. 5 FamFG);
  • Vorführung des Betroffenen zu einer Untersuchung zum Zwecke der Begutachtung vor einer Unterbringungsmaßnahme (§ 322 FamFG);
  • Vorführung des Betroffenen zur Unterbringung und Beobachtung zwecks Vorbereitung eines Gutachtens vor einer Unterbringungsmaßnahme (§ 322 FamFG);
  • Vorführung des Betroffenen zur Anhörung oder Begutachtung in Betreuungsverfahren, insbesondere: bei wesentlicher Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers (§ 293 FamFG), bei Erweiterung des Einwilligungsvorbehaltes (§ 294 FamFG), bei Bestellung eines weiteren Betreuers (§ 293 Abs. 3 FamFG), bei Verlängerung der Bestellung eines Betreuers (§ 295 FamFG);
  • Vorführung zur Anhörung oder Begutachtung im Beschwerdeverfahren (§ 69g Abs. 5 FGG);

Aufgrund der schwerwiegenden Grundrechtseingriffe unterliegt die zwangsweise Vorführung daher dem sog. Erforderlichkeitsgrundsatz.  Dieser besagt, dass Vorführungen nur dann anzuordnen sind, wenn das Wohl des Betroffenen nicht durch ein milderes, ebenso effektives Mittel geschützt bzw. gewährleistet werden kann. Es gibt jedoch keine gesetzliche Regelung hinsichtlich der Verfahrensweise bzw. der Durchführung der Vorführungen durch die Betreuungsbehörden. Aus diesem Grund kommt es in der Praxis immer häufiger zu Fällen, in denen eine zwangsweise Vorführung des Betroffenen z.B. zur Untersuchung für die Vorbereitung eines Sachverständigengutachtens angeordnet wird, ohne den Betroffenen vorher gehört zu haben. Eine solche zwangsweise Vorführung verletzt den Betroffenen nicht nur in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG (Recht auf rechtliches Gehör) sondern auch in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und ggf. in seinem Recht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG, falls zum Zwecke der Vorführung sich zwangsweise Zutritt in die Wohnung des Betroffenen verschafft wurde.

Gegen einen solchen gerichtlichen Beschluss kann man das Bundesverfassungsgericht zum Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG anrufen. Das Bundesverfassungsgericht wird eine solche erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

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