Darf der Betreuer gegen den Willen des Betreuten dessen Wohnung betreten? Welche Kompetenzen stehen diesbezüglich dem Betreuungsgericht zu?

Aus guten Gründen ist das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung grundrechtlich geschützt. Gegen den Willen des Bewohners darf die Wohnung nicht betreten werden. Weder ein Betreuer noch ein Richter darf die Wohnung des Betroffenen ohne dessen ausdrückliche oder konkludente Zustimmung betreten. Innerhalb des  Betreuungsrechts gibt es von diesem Grundsatz nur wenige Ausnahmen, die dieses Recht  beschränken können:
Zum einen dann, wenn der Betroffene sich weigert zur Anhörung (die im Rahmen der Sachverhaltsermittlung, ob eine Betreuung eingerichtet wird oder nicht vorgenommen werden muss) vor Gericht zu erscheinen. In diesem Fall ist das Gericht befugt, die Vorführung des Betroffenen anzuordnen. Diese Vorführung beinhaltet auch, dass die Wohnung des Betroffenen durch Behörden – ggf. unter Zuhilfenahme der Polizei – geöffnet und nach dem Betroffenen durchsucht werden darf, § 278 FamFG.
Zum anderen dann, wenn der Betroffene sich weigert, sich von einem ärztlichen Sachverständigen untersuchen zu lassen. Auch dann kann das Gericht anordnen, dass die Wohnung geöffnet und nach dem Betroffenen durchsucht werden darf um ihn anschließend einem Sachverständigen vorzuführen. Ebenso darf in Unterbringungssachen verfahren werden.
Diese Fälle sind die einzigen, in denen das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung verletzt werden darf und beinhalten immer eine gerichtliche Prüfung, Genehmigung oder Anordnung. Ein Entscheidungsspielraum des Betreuers allein gibt es in diesem Zusammenhang zu keinem Zeitpunkt.

Dies mag in einigen Betreuungsfällen dazu führen, dass der Betreuer an der Wahrnehmung seiner Pflichten, die er gegenüber dem Gericht und gegenüber dem Betroffenen hat, gehindert wird. Wenn er keinen Zutritt zur Wohnung erhält besteht die Möglichkeit, sich ein Bild von der Lebens- und Vermögenssituation des Betroffenen zu machen nur sehr eingeschränkt. Diese Folge muss so hingenommen werden.
Auch die Tatsache, dass dem Betreuer eventuell auch die Aufgabenkreise „Wohnungsangelegenheiten“ oder „Aufenthaltsbestimmung“ oder „alle Aufgabenkreise“ übertragen wurden, ändert hieran nichts. Das Recht auf „Unverletzlichkeit der Wohnung“ ist ein bewusst besonders stark ausgeprägtes Schutzrecht. Um dieses Recht einzuschränken bedarf es, wie oben dargestellt, einer besonderen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Die gerichtliche Übertragung eines Aufgabenkreises auf einen Betreuer stellt keine solche Ermächtigungsgrundlage dar.

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