Allgemeines zum Thema Betreuung in Deutschland und international

Der 4. Weltkongress Betreuungsrecht, der dieses Jahr in Deutschland stattfand,  legt nach wie vor großen Wert darauf, dass Betreuungen in allen Ländern qualitativ hochwertig ausgestaltet werden. Denn nur so kann dafür Sorge getragen werden, dass die internationalen Herausforderungen zum Erwachsenenschutzrecht realisiert werden können. Die jeweiligen Bestimmungen innerhalb des Privatrechts hinsichtlich der Selbstbestimmung und des gleichzeitig erforderlichen Schutzes des Rechtsverkehrs stellen die maßgeblichen Eckpunkte dar.
Nicht nur in Deutschland wird in diesem Zusammenhang der ehrenamtlichen Betreuung – neben der Berufsbetreuung – ein hoher Stellenwert eingeräumt. Denn es sind nach wie vor die ehrenamtlichen Betreuer (hauptsächlich Familienangehörige), ohne die das gesamte System überhaupt nicht funktionieren würde. Ebenfalls zu diesem Themenkomplex gehören diejenigen, die im Rahmen von Vorsorgevollmachten für die Betroffenen tätig werden.
Herauskristallisiert hat sich, dass für deutsche Betreuungsrechtsexperten nach wie vor der Wille des Betroffenen an oberster Stelle steht. Wünschenswert wäre es, wenn dieser Grundsatz auch in der Praxis bei der täglichen Betreuungsarbeit mehr Beachtung finden würde.
Eine interessante Frage ist, was im internationalen Kontext „Betreuung“ überhaupt bedeutet. Es gibt auch in der heutigen Zeit immer noch Staaten, in denen der Begriff „Betreuung“ mit dem der Entmündigung und Rechtlosigkeit der Betroffenen im Einklang steht. Des Weiteren gibt es Staaten, in denen die gesetzliche Betreuung neben den Bereichen, in denen sie für die Betroffenen aus gesundheitlichen Gründen erforderlich sind auch als „Bestrafung“, bzw. Sanktion eingesetzt wird. In der Türkei beispielsweise stellt Betreuung eine Sanktion für bestimmte Verbrechen dar, in Brasilien wird das Instrument der Betreuung als Lehr-, bzw. Erziehungsmaßnahme für unbelehrbare Ureinwohner eingesetzt. In Norwegen führt die gesetzliche Betreuung immer noch dazu, dass dem Betroffenen ab diesem Zeitpunkt jede rechtsgeschäftliche Handlungsfähigkeit abgesprochen wird.
All dies stellt im Vergleich zum deutschen Betreuungsrecht, in dem die Handlungs- und Geschäftsfähigkeit des Betroffenen – jedenfalls theoretisch – aufgrund einer bloßen Betreuungsanordnung nicht angetastet wird, einen erheblichen Unterschied dar. Auch in Deutschland kommt es natürlich immer darauf an, in welcher Tragweite welche Aufgabenkreise angeordnet werden, ob ein Einwilligungsvorbehalt zugunsten des Betreuers angeordnet wird, usw. Dem Grundsatz nach ist es jedenfalls in Deutschland so, dass durch eine gesetzliche Betreuungsanordnung der Betroffene nicht von vornherein eingeschränkt wird, bzw. werden soll, was seine Entscheidungsbefugnis bzgl. unterschiedlicher Lebensbereiche betrifft. Die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen beispielsweise wird durch eine Betreuungsanordnung nicht automatisch außer Kraft gesetzt oder eingeschränkt.
Die Erfahrungen in der Praxis sehen allerdings oft anders aus, was zuweilen auch daran liegen kann, dass die Betroffenen offenbar nicht ausreichend über ihre Rechte (auch gegen den Betreuer und das Betreuungsgericht) informiert sind. Viel zu viele Betroffene akzeptieren unserer Meinung nach Handlungen, Entscheidungen und Verhaltensweisen von Betreuern, gegen die sie sich eigentlich mit guten Gründen und vor allem mit guten Erfolgsaussichten zur Wehr setzen könnten. Es ist deshalb allen Betreuten und betroffenen Angehörigen zu empfehlen, bei Unstimmigkeiten mit Betreuern rechtlichen Rat einzuholen. Wir erleben es immer wieder, wie erstaunt und auch erleichtert Betroffene und Angehörige reagieren, wenn sie detailliert über ihre Rechte in Kenntnis gesetzt werden. Manche sind aufgrund des Auftretens und Gebarens von Betreuern regelrecht eingeschüchtert. In diesem Zusammenhang möchten wir nochmals darauf hinweisen, dass ein Betreuer (der über den Aufgabenkreis Vermögenssorge verfügt) selbstverständlich dazu verpflichtet ist, finanzielle Mittel für rechtliche Schritte gegen ihn selbst oder Entscheidungen des Betreuungsgerichts bereitzustellen.

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