Kann ein Betreuer einem Betreuten „verbieten“ zu heiraten?

§ 1903 Abs. 2 BGB bestimmt unter anderem, dass sich ein Einwilligungsvorbehalt eines Betreuers nicht auf Willenserklärungen erstrecken kann, die auf Eingehung einer Ehe oder Begründung einer Lebenspartnerschaft gerichtet sind.
Daraus ergibt sich, dass der Betreuer die Eheschließung nicht verbieten kann. Früher war das anders, im Fall der „beschränkten Ehemündigkeit“ war die Genehmigung des Vormunds notwendig und zulässig. Heute kommt es jedoch allein auf die natürliche Geschäftsfähigkeit (Ehegeschäftsfähigkeit) des Betreuten an. Sie ist ein Unterfall der Geschäftsfähigkeit und liegt dann vor, wenn der Betroffene in der Lage ist, das Wesen der Ehe zu begreifen und diesbezüglich eine freie Willensentscheidung treffen kann. Liegt diese Ehegeschäftsfähigkeit vor, hat der Betreute selbstverständlich das Recht zu heiraten, eine Zustimmung des Betreuers ist keinesfalls erforderlich.
Aber Vorsicht: Trotz dieser eindeutigen Regelungen kann ein Betreuer unter bestimmten Umständen trotzdem (erfolgreich) versuchen, die Heiratsabsichten des Betreuten zu verhindern.
Zum einen kann das unserer Erfahrung nach in Einzelfällen dadurch geschehen, dass der Betreuer gegenüber dem Betreuten lapidar die Aussage macht „er würde der Eheschließung nicht zustimmen und ohne Zustimmung dürfe der Betreute auch nicht heiraten“. In solchen Fällen kommt es entscheidend auf die allgemeine Verfassung des Betreuten an. Nimmt er das, was der Betreuer ihm berichtet, widerspruchslos für bare Münze, unterlässt er womöglich die Eheschließung.
Zum anderen hat der Betreuer (im Übrigen auch das Betreuungsgericht) die Möglichkeit, den für die geplante Eheschließung zuständigen Standesbeamten von der bestehenden Betreuung zu unterrichten und ihm seine Zweifel (z. B. bzgl. der Geschäftsfähigkeit des Betreuten) zu unterbreiten. Der Standesbeamte selbst ist verpflichtet, die Ehegeschäftsfähigkeit von Heiratswilligen zu überprüfen und darf bspw. Einsicht in die gerichtliche Betreuungsakte nehmen.
Diese Vorgehensweise mag dann unter Umständen ihre Berechtigung haben, wenn es um Fälle von drohenden, schwerwiegenden Missbrauchstatbeständen geht. Zum Beispiel dann, wenn ein geschäftsunfähiger Betroffener die Ehe mit einem Partner eingehen möchte und objektive Tatsachen vorliegen, wonach der Betroffene (oder auch der Partner) dadurch erheblich gefährdet werden könnte. Oder objektive Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass eine Scheinehe geschlossen werden soll, die unter Ausnutzung des Betreuten dem Partner die deutsche Staatsangehörigkeit oder eine Aufenthaltserlaubnis sichern soll.
Keinesfalls ist ein solches Verhalten aber tolerierbar, weil ein Betreuer subjektiv der Ansicht ist, dass sein ehefähiger Betreuter grundsätzlich oder eine bestimmte Person nicht heiraten sollte.

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