Gesetzesentwurf: Notfallvertretungsrecht für Ehegatten!

Für den Fall, dass ein Ehepartner durch Unfall oder plötzliche schwere Erkrankung entscheidungsunfähig ist und keine Vertretungsvollmacht vorhanden ist, soll der andere Ehepartner automatisch ein Vertretungsrecht in medizinischen und damit zusammenhängenden finanziellen Angelegenheiten erhalten. Gleiches soll für eingetragene Lebenspartner gelten. Dies sieht ein aktueller Gesetzentwurf des Bundesrates vor. Ehepartner glauben oft, sie haben automatisch ein Vertretungsrecht im Notfall. Das ist aber ein Irrtum. Tatsächlich muss durch das Betreuungsgericht ein Betreuer bestellt werden, der dann der Ehe- oder Lebenspartner sein kann.

Laut dem Gesetzesentwurf soll eine Vertretungsvollmacht für den Ehegatten bestehen, wenn keine entgegenstehende Erklärung des Ehepartners vorliegt. Ärzte sollen dem Partner gegenüber von der Schweigepflicht entbunden werden. Diese „Vollmachtsvermutung“ soll es allerdings nicht geben, wenn die Partner getrennt leben.

Der neue Gesetzesentwurf, in dem, dem Wunsch vieler Bürger nachgekommen wird, im Fall einer schweren Erkrankung oder eines Unfalls bei der Besorgung ihrer Angelegenheiten von ihrem Partner ohne weitere Formalitäten vertreten werden zu können, ist grundsätzlich zu begrüßen. Durch die automatische Vertretung der Ehepartner können kurzfristige Betreuerbestellungen vermieden und der damit verbundene Verwaltungsaufwand reduziert werden. Allerdings gibt es auch Bedenken. Die automatische Vollmachtsvermutung ist nämlich sehr missbrauchsanfällig. Vorrangig solle daher eine Vorsorgevollmacht erstellt werden.

 


Es ist folgende neue gesetzliche Regelung geplant:


„§ 1358 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Beistand unter Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und in der Fürsorge dienenden Angelegenheiten


(1) Soweit ein volljähriger Ehegatte auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung die nachgenannten Angelegenheiten nicht besorgen kann und weder einen entgegenstehenden Willen geäußert noch eine andere Person zur Wahrnehmung dieser Angelegenheiten bevollmächtigt hat und kein
Betreuer bestellt ist, gilt sein volljähriger Ehegatte als bevollmächtigt,

1. für den anderen Ehegatten gemäß § 630d Absatz 1 Satz 2 in Untersuchungen des Gesundheitszustandes, in Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einzuwilligen oder die Einwilligung zu versagen sowie ärztliche Aufklärungen nach § 630e Absatz 4 entgegen zu nehmen,

2. für den anderen Ehegatten Willenserklärungen in Bezug auf ärztliche Behandlungsverträge, Krankenhausverträge sowie sonstige Verträge abzugeben und entgegenzunehmen, die der medizinischen Versorgung, Pflege, Betreuung oder Rehabilitation dienen, und dessen Rechte gegenüber den Erbringern solcher Leistungen wahrzunehmen,

3. über Maßnahmen nach § 1906 Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 1 und 2 in Bezug auf den anderen Ehegatten zu entscheiden und deren betreuungsgerichtliche Genehmigung einzuholen,

4. für den anderen Ehegatten Ansprüche, die diesem aus Anlass von Krankheit, Behinderung, Pflegebedürftigkeit oder damit einhergehender Hilfebedürftigkeit zustehen, geltend zu machen und im rechtlich zulässigen Rahmen an Erbringer von medizinischen Leistungen, Pflege- oder Rehabilitationsleistungen abzutreten oder Zahlung an diese zu verlangen,

 

5. zur Wahrnehmung der Angelegenheiten nach Nummer 1 bis 4 die Post des anderen Ehegatten entgegenzunehmen und zu öffnen. Dies gilt nicht, wenn die Ehegatten nach § 1567 Absatz 1 getrennt leben.


(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 und zur Wahrnehmung der dort genannten Angelegenheiten sind behandelnde Ärzte und andere Berufsgeheimnisträger von ihrer Schweigepflicht gegenüber dem Ehegatten entbunden. Der Ehegatte kann unter denselben
Voraussetzungen Krankenunterlagen einsehen und deren Herausgabe an Dritte
bewilligen sowie seinerseits behandelnde Ärzte und andere Berufsgeheimnisträger von ihrer Schweigepflicht im Verhältnis zu Dritten entbinden.

(3) Erklärt der handelnde Ehegatte gegenüber dem behandelnden Arzt, der betroffenen Einrichtung, dem Empfänger der Willenserklärung oder der für die Gewährung von Ansprüchen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zuständigen Stelle,
1. mit dem anderen Ehegatten verheiratet zu sein,

2. nicht getrennt zu leben und

3. dass ihm weder das Vorliegen einer Vollmacht oder das Bestehen einer Betreuung noch ein entgegenstehender Wille des anderen Ehegatten bekannt ist,
und legt er in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 zusätzlich ein ärztliches Zeugnis vor, das nicht älter als sechs Monate ist und aus dem sich die Unfähigkeit des anderen Ehegatten zur Besorgung der Angelegenheiten nach Absatz 1 Satz 1 ergibt, so gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 gegenüber der jeweiligen Person oder Stelle als erfüllt, es sei denn, dass diese deren Fehlen kennt oder kennen muss. Der Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses bedarf es nicht, sofern die jeweilige Person oder Stelle die Unfähigkeit des anderen Ehegatten zur Besorgung der Angelegenheiten nach Absatz 1 Satz 1 nach den ihr vorliegenden Informationen selbst beurteilen kann.

(4) Die §§ 1901a und 1901b sowie § 1904 Absatz 1 bis 4 gelten entsprechend. Übernimmt der Ehegatte die Besorgung der Angelegenheiten nach Absatz 1, so findet im Übrigen auf das Verhältnis der Ehegatten, soweit diese nichts anderes vereinbart haben,das Recht des Auftrags Anwendung.“

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